Erdrutschsieg für Farages „Brexit Party“ – Konservative am Boden

Von MAX ROLAND | Die Briten haben an der Europawahl teilgenommen. Diese Absurdität ist vielleicht der perfekte Ausdruck für das Chaos, welches seit der Brexit-Entscheidung herrscht: Und für das kollektive Versagen aller Beteiligten. Alle sind sich einig, dass die Briten rausgehen – aber keiner kriegt’s gebacken. Jetzt hat Premierministerin May ihren Rücktritt angekündigt: Sie ist am Brexit gescheitert. Weniger am Brexit an sich als am Spagat zwischen einer EU, die sich nicht gerade kooperativ zeigte wenn es darum ging, den Willen der Briten umzusetzen, und den Briten selbst, welche einfach den Brexit wollten. Wollten – und wollen. Das zumindest lassen die Wahlergebnisse der britischen Europawahl annehmen.

Es gibt einen klaren Gewinner auf der Insel: Nigel Farage und die Brexit-Partei. Mit  haben die Briten den wohl bekanntesten Befürworter des Brexits zum Wahlsieger gekürt. Platz zwei belegen die LibDems, die mit 21% gegen einen Brexit kämpfen wollen. Die Konservativen erlebten eine totale Katastrophe. Die ehemalige Volkspartei ist krachend abgestraft worden – sie rutschte in die Einstelligkeit und holte mit zwischen 9- und 7,5% das schlechteste Ergebnis in immerhin fast 200 Jahren. Für die Tories geht es nun um nichts geringeres als die Existenz.

Ich bin empört.  Immerhin haben wir den Briten doch die ganze Zeit erklärt, sie sollen das mit dem Brexit lassen!  Von Christian Lindner bis zu den Toten Hosen hieß es „just do it – stop Brexit!“ Und die doofen Briten? Die schaffen es doch tatsächlich, eine Partei, die wortwörtlich nur für den Brexit gegründet wurde, zur stärksten Kraft zu machen. Das deutsche Establishment ist wahrscheinlich zur Stunde schockiert. Für dieses Establishment ist Europa gut und richtig: Solange es der Meinung des deutschen Mainstreams folgt, der ja bekanntlich weiß, was gut ist. Aber wenn die anderen europäischen Völker auf so irre Ideen wie eine eigene Meinung kommen? Geht gar nicht. 

Nein, Ironie beiseite. Dieses Ergebnis überrascht nur diejenigen, die das Narrativ, keiner würde den Brexit mehr wirklich wollen, geglaubt hat. Eine Partei, die aus dem Nichts kam, hat eine Wahl gewonnen: Das gab es so tatsächlich noch nicht. Und es beschreibt den politischen Zustand Großbritanniens wahrscheinlich fast so treffend wie die krachende Niederlage für die Konservativen. Die Brexit-Party ist im Grunde wie der Brexit selbst: Sie kommt von Unten, und das Establishment hält es für ausgeschlossen, dass es sowas tatsächlich geben könnte. Sie ist das Ergebnis des Versagens einer ganzen politischen Klasse in Großbritannien. Die Brexit-Party wird von einem dezidiert liberalen Mann geführt und ist eine echte Volkspartei: Sie vertritt Brexiteers aus allen Schichten des Volkes. Ihr Triumph wurde zum Beispiel als „Prognosen-Schock“ (Merkur.de) betitelt: Er ist alles andere als das. Er ist die logische Konsequenz aus dem Versagen des britischen Polit-Establishments, aus dem Verhalten der EU in den Brexitverhandlungen – und auch dem Verhalten von, zum Beispiel, der deutschen Öffentlichkeit. Ein zweites Referendum fordern, aber gleichzeitig über die „dummen Briten“ herziehen – Europäische Brüderlichkeit ist das nicht gerade. Kein Wunder also, dass die Briten uns mit Farage als Wahlgewinner Adé sagen.

3 Antworten

  1. Christoph sagt:

    Peinlich fürs Establishment, indeed.

    „During the presidency of Barack Obama, the UK decided to leave the EU and join the North American Free Trade Agreement (NAFTA) [1]. But when the UK voters opted for Brexit, the United States, with Donald Trump, began to move away from an imperialist policy towards a Jacksonian policy. Distraught, the British ruling class was unable to find new partners, and blocked the Brexit vote“
    (,Thierry Meissan, voltairenet.org)

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