Elon Musks Twitter-Deal: Ist der blaue Haken 8 Dollar wert?
Von Simon Ben Schumann | Nachdem Elon Musk Twitter für über 40 Milliarden US-Dollar erworben hat, beginnt er mit ersten Änderungen auf der Plattform. Zensierte Accounts kehren zurück, freie Rede soll gefördert werden – und der blaue Haken zur Verifizierung kostet ab jetzt monatlich Geld. Das finden nicht alle gut.
Abgeschlossen wurde der Deal Ende Oktober, vor etwas mehr als drei Wochen. Seitdem ist bereits eine Menge passiert. So kehrte der US-Rapper Kanye West, der durch Aussagen verschiedenster Art – so zu Rassismus, dem Holocaust und anderen Themen – unter Beschuss geriet, auf die Plattform zurück. Außerdem soll ein „Content moderation council“ eingeführt werden, welches aus Menschen mit verschiedenen Ansichten zusammengesetzt sein soll. Dieses soll in Zukunft entscheiden, welche Inhalte zensiert werden – und wer von der Plattform „suspendiert“ werden soll. Lebenslange „Bans“ sollen nicht mehr vorkommen.
Ab dem 4. November wurde außerdem ein großer Teil der Angestellten entlassen. Gut die Hälfte der Mitarbeiter hat eine Kündigung erhalten – um Geld einzusparen, wie Musk sagt. Dagegen wurde sogar geklagt, bisher erfolglos. Laut Musk verlor die Plattform bis dahin 4 Millionen Dollar pro Tag.
Blauer Haken – der große Streitpunkt
Der blaue Haken: Auf Twitter war er bisher das Zeichen dafür, dass jemand wirklich er selbst ist – eine Bestätigung der Identität. Diese konnte aber nicht jeder bekommen: Man musste sich bei den offiziellen Twitter-Stellen um das „Batch“ bewerben. Das brachte der Plattform den Ruf ein, nicht objektiv und fair zu sein. „I just killed it“ – das twitterte Elon Musk am Mittwoch über das blaue Häkchen. Ab jetzt kann es sich jeder für 8 Dollar im Monat kaufen – egal, ob bekannt, berühmt oder 0 Follower. Das sorgt für Kritik: Bisher war der Haken nämlich besonders bei Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens beliebt. Diese verfügen nun über kein Alleinstellungsmerkmal mehr.
Daher entbrannte auf der Plattform bereits eine hitzige Debatte um den blauen Haken. Musk selbst kann darüber – trotz heftiger Anfeindungen – scheinbar nur lachen. „Trash me all day, but it’ll cost $8“ twitterte Musk am 5. Oktober. Unter dem Motto „Power to the people“ sind auf Twitter nun alle gleich – die den Beitrag bezahlen wollen. Für Politiker gibt es hingegen spezielle „Tags, die sie als offizielle Vertreter des Staates ausweisen. So soll das Demokratisieren des blauen Häkchens kein Nachteil für andere sein.
Was hat sich wirklich geändert?
Nach Elon Musks Übernahme von Twitter gab es verschiedene Reaktionen. Die einen feiern ihn für sein Handeln – andere verdammen ihn. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren aus den USA warf ihm schon im April vor, nach anderen Regeln zu spielen als der Rest der Bevölkerung. Als Superreicher würde er Macht nur zu seinem eigenen Vorteil ansammeln. Der Deal sei „gefährlich für die Demokratie“. Andere hingegen jubeln; Musks Tweet „Der Vogel ist befreit“ erntete bisher ganze 2,4 Millionen Likes. Die bisher eingeführten Änderungen durch Musk zeigen die Ambivalenz der Situation auf. Im April hatten viele lautstark gefeiert, bis Musk den Deal dann doch abgeblasen hat. Jetzt wirkt es ähnlich: Denn ob die Änderungen wirklich einen positiven Wandel herbeiführen werden, scheint sehr offen. Der blaue Haken für 8 Dollar im Monat ist nicht unbedingt eine gute Neuigkeit; denn nun kann sich ein gewisser Status mit Geld erkauft werden. Sollte man sich nicht lieber auf die inneren Werte der Plattform fokussieren?
„nun kann sich ein gewisser Status mit Geld erkauft werden“ – wo ist das Problem? Der besagte „Status“ ist die Eigenschaft des Users als reale Person im Gegensatz zu den offenbar auf Twitter verbreiteten Bots etc. Weshalb sollte der Nachweis dieser Eigenschaft und die damit verbundene Erhöhung der Glaubwürdigkeit nicht 8$ wert sein?