„Eintopfsonntag“: Sparsamkeit und Volkserziehung im „Dritten Reich“

Von Max Roland | Von Oben verordnete Sparsamkeit ist wieder en Vogue: Wirtschaftsminister Habeck appelliert wieder und wieder an die deutschen, Gas zu sparen. Sein grüner Parteifreund, Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller, schimpft mit den Bürgern, weil sie mehr Gas verbrauchen als im letzten Jahr. Im Fernsehen werden quasi 24/7 „Spartipps“ gesendet: Im „ZDF“ heißt es beispielsweise, man solle nur die Kleidung bügeln, die es „wirklich brauche“. „Ich warte nur darauf, dass der Staat uns einen Eintopfsonntag verordnet“, schimpft der Publizist Henryk M. Broder. Auch auf Demonstrationen fällt immer wieder das zynische Wort vom „Eintopfsonntag“. Doch was ist das eigentlich?

Der „Eintopfsonntag“ war eine Propaganda- und Sparmaßnahme der NS-Regierung. Er wurde am 1.Oktober 1933 eingeführt. Zugunsten des kurz zuvor gegründeten Winterhilfswerks (WHW) sollten die deutschen Haushalte  von Oktober bis März auf die traditionellerweise üppigen Sonntagsmahlzeiten verzichten – und stattdessen einen preiswerten Eintopf kochen. Dessen Preis sollte pro Kopf fünfzig Pfennig nicht überschreiten. Der Differenzbetrag zum höheren Preis einer gewohnten Sonntagsmahlzeit sollte dann dem WHW gespendet werden – im Sinne der „solidarischen Volksgemeinschaft“. Das war der deutsche „Sozialismus der Tat“, wie ihn das NS-Regime propagierte. NS-Größen aus Partei und Staat ließen sich immer wieder öffentlichkeitswirksam beim Eintopf-Essen ablichten – auch der „Führer“ selbst, um seine angebliche Volksnähe zu demonstrieren. An vielen Sonntagen kam es zu vom Winterhilfswerk veranstaltetem, öffentlichem Eintopfessen. In den Zeitungen wurden wiederholt Eintopfrezepte als Vorschläge veröffentlicht. Die Botschaft: Seid sparsam, seid solidarisch. „Das ganze deutsche Volk soll bei diesem Eintopfsonntag bewußt opfern […] um bedürftigen Volksgenossen zu helfen“, hieß es in der Propaganda. 

Doch die „Eintopfsonntage“ hatten auch einen ganz praktischen, volkswirtschaftlichen Effekt: Sie sparten Ressourcen. Insbesondere Fett. Denn Fett war knapp – im NS-Deutschland herrschte eine sogenannte „Fettlücke“, aus eigener Erzeugung wurde 1936 nur 68,8 % des Pro-Kopf-Fettverbrauchs für die Ernährung erwirtschaftet. Die Einfuhr war teuer und widerstrebte der nationalsozialistischen Ideologie, die auf Importe verzichten und das Reich in allen Bereichen autark machen wollte. Und da die NS-Zentralwirtschaft sich auf Aufrüstung und Schwerindustrie konzentrieren wollte, war für Konsumgüter kein Platz: Selbst für Butter nicht. „Erz hat stets ein Reich stark gemacht, Butter und Schmalz haben höchstens ein Volk fett gemacht“, erklärte ausgerechnet das NS-Schwergewicht Hermann Göring 1935 bei der Eröffnung der „Hermann-Göring-Werke“. Er hielt eine „freiwillige“ Reduzierung des Fettverbrauchs um 25 Prozent für erforderlich. Goebbels etablierte den Spruch „Kanonen statt Butter“.  Sparen und Verzichten für das höhere Ziel einer nationalen Kraftanstrengung. 

Sind wir wieder beim „Eintopfsonntag“? Nein – faktisch und politisch sind wir das nicht. Und Vergleiche mit dem Nationalsozialismus und Goebbels-Propaganda hinken ohnehin meistens. Aber die Assoziation kann man den Menschen in Zeiten eines Waschlappen-Kretschmanns oder Blackout-Schönrederei in den Öffentlich-Rechtlichen wirklich nicht übel nehmen. 

Bild: Bundesarchiv, Bild 133-295 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5338075

2 Antworten

  1. Peter H. sagt:

    „Links Lametta rechts Lametta, um die Hüften immer fetta. In den Lüften isser Meesta, Hermann heesta!“ Im Dritten Reich wie auch heute ist der Spott die Waffe des Bürgers gegen die sog. Eliten. Erst recht, wenn sie ungefragt Tipps über politisch korrekte Körperpflege geben.

  2. Schmiddi sagt:

    Ja, die solidarische Volksgemeinschaft …wenn von „Solidarität“ die Rede ist, sollten bei jedem freien Bürger dieses Landes die Alarmglocken läuten.