Ein erneuter Schock für die prodemokratische Bewegung in Hongkong

Von Jerome Wnuk | Die für den 6. September geplanten Parlamentswahlen wurden ohne einen neuen Termin um ein Jahr verschoben. Als Grund gab die pekingtreue Carrie Lam, Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong, am Freitag den Anstieg bei den Corona-Neuinfektionen an. Außerdem kam es erneut zu Festnahmen von Aktivisten.

Möglich macht dies ein Gesetz, welches noch aus der britischen Kolonialzeit kommt. „Der größte Wahlbetrug in der Geschichte Hongkongs“ so Joshua Wongs Worte in Reaktion auf die Nachricht. Die Regierung in Peking zeige „eine völlige Respektlosigkeit gegenüber dem Willen der Hongkonger, tritt die Autonomie Hongkongs mit Füßen und versucht, das Hongkonger Parlament fest in seinem Griff zu behalten“, teilte Wong auf Twitter mit. Aus Sicht des oppositionellen Abgeordneten Ted Hui ist die Regierung besorgter über eine Niederlage als über die Ausbreitung des Coronavirus.

Joshua Wong selbst hätten die Hongkonger Bürger ohnehin nicht wählen können, wie befürchtet, wurde er mit 11 anderen Pro-Demokratie Aktivisten von der Wahl ausgeschlossen. Sie hätten sich nicht an die Verfassung der Sonderverwaltungszone gehalten und weder Hongkong noch der Regierung in Peking die Treue geschworen, teilten die Behörden mit. 

Gerade mal einen Tag später ist die ganze Wahl verschoben.

Erschreckend welche diktatorischen Maßnahmen China in die Hand nimmt, um die Hongkonger Demokratie-Bewegung zu unterdrücken, erst das Sicherheitsgesetz, dann die Wahl-Disqualifikation jetzt auch noch das Verschieben der Wahl. Besonders bedauerlich ist das Verschieben gerade da sich die Pro-Demokratie Aktivisten nach der hohen Wahlbeteiligung der Vorwahlen große Hoffnung gemacht hatten, bei der Parlamentswahl die Mehrheit zu gewinnen. 

Die chinesische Zentralregierung erklärte die Maßnahme für legal und notwendig. Neben dem Verschieben der Wahl verlängerte Carrie Lam ebenso die Mandatszeit auf 5 Jahre. Da im Hongkonger Grundgesetz die Mandatszeit ausdrücklich auf vier Jahre begrenzt ist, hätte die Verschiebung der Wahl rechtlich angefochten werden können. Peking behält sich jedoch Recht zur Interpretation der Hongkonger Verfassung vor. 

Reaktionen kommen aus der ganzen Welt

Die Disqualifizierung von Oppositionskandidaten und die Verschiebung der Wahl um ein Jahr seien ein weiterer Schritt zur Untergrabung der Demokratie in Hongkong, sagte die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Kayleigh McEnany, am Freitag. Damit sei Chinas „Liste gebrochener Versprechen“ erneut länger geworden, sagte sie. Die kommunistische Führung in China halte sich nicht an die Zusage, den Menschen in der Metropole „Autonomie und Freiheit“ zu gewähren.

Auch unser Außenminister Heiko Maas reagierte ausnahmsweise mal auf die Vorkommnisse in Hongkong. Die Bundesregierung erklärte das Auslieferungsabkommen mit Hongkong auszusetzen, wie aus einer Stellungnahme von Außenminister Heiko Maas hervorgeht. Die Entscheidung, zwölf Kandidaten von der Wahl auszuschließen und die Wahl zu verschieben, sei „ein weiterer Einschnitt in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger Hongkongs“. Sie folge auf die Verhaftung von drei Aktivisten und einer Aktivistin unter Berufung auf das neue Sicherheitsgesetz, „die uns sehr besorgt“.

1 Antwort

  1. moneypenny sagt:

    Ja, diese Corona-Sache bietet tatsächlich Möglichkeiten, politisch benutzt zu werden. Dazu braucht es keinen Aluhut. Und das Schicksal Hongkongs ist schrecklich und sollte uns eine Warnung sein!