Die SPD von Scholz & Co.: Der Abgrund hinter der Fassade
Von Max Roland und Max Zimmermann | Die SPD spricht von „sozialer Politik für dich“, doch sind damit auch wir gemeint? Die Sozen wollen die Gesellschaft umbauen – konkret und konsequent. Das Wahlprogramm der SPD im Check.
Ein „Programm für alle“ versprechen die Sozialdemokraten bei dieser Bundestagswahl. „Die Zeit, die vor uns liegt, verlangt neue Antworten“, meinen Scholz, Esken und Walter-Borjahns. Diese neuen Antworten sollen auf 65 Seiten geliefert werden: „Aus Respekt vor deiner Zukunft“, steht in Schwarz-Weiß auf dem Roten Titelblatt. Die Sozialdemokraten können gar nicht aufhören, das Wort „Zukunft“ in den Mund zu nehmen. Doch was bedeutet das für deine, meine, unsere Zukunft konkret?
Wer das Wahlprogramm der SPD liest, bekommt schnell den Eindruck: Mit diesen „neuen Antworten“ soll der große Wurf gewagt werden. Die Sozen wollen die Gesellschaft umbauen – konkret und konsequent. Die Art und Weise, wie wir leben, solle sich „grundliegend ändern“. In knapp 10 bzw. 20 Jahren will man eine Reihe von echten oder vermeintlichen Meilensteinen erreichen. 15 Millionen E-Autos auf Deutschlands Straßen, einem massiv verbesserten öffentlichen Nah- und Fernverkehr auf Straße und Schiene und eine „digitale Infrastruktur auf Weltniveau“ bis 2030; Eine Energieversorgung aus 100% Erneuerbaren Energiequellen bis 2040 und absolute Klimaneutralität fünf Jahre später. Das Motto: Nach 16 Jahren merkelschem Stillstand soll jetzt Gas gegeben werden – in Richtung „Zukunft“. Dass die SPD bei 16 Jahren Merkel 12 Jahre lang teils prägend mitgewirkt hat, lässt man im Programm still und heimlich unter den Tisch fallen – sonst fiele noch auf, dass man in Teilen des Wahlprogrammes vor allem gegen sich selbst arbeitet. „Sicherheit im Alter“ versprechen die Sozialdemokraten beispielsweise, eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48% – dabei waren es die Genossen selbst, die das Rentensystem in jüngster Vergangenheit destabilisierten und aushöhlten. Man arbeite „gegen Diskriminierung“ – obwohl es die SPD war, die mit der Frauenquote reale und handfeste Diskriminierung per Gesetz festschreiben ließ. Vielleicht erklärt das den Fokus der Sozialdemokraten auf „Zukunft“ – so muss man nicht über die Fehler der Vergangenheit reden.
In der Sozialpolitik will die SPD vor allem eines: Mehr Geld ausgeben. Hartz IV soll der Vergangenheit angehören und durch ein „unkompliziertes Bürgergeld“ ersetzt werden. Dies setze auf „Hilfe und Ermutigung“ statt auf Sanktionen. Großzügig sollen in den ersten zwei Jahren der Erwerbslosigkeit weder Vermögen noch Wohnungsgröße überprüft werden. Dass damit auch der Vermögensmillionär ohne einen Cent direkter Eigenbeteiligung ungehindert das „Bürgergeld“ erhält, scheint die sonst so reichenkritische SPD nicht zu stören. Immerhin: Das Kindergeld soll erhöht und automatisch ausgezahlt werden, Minderjährige sollen kostenlos Bus und Bahn fahren können, ihnen sollen mehr und bessere Bildungs- und Freizeitangebote gemacht werden. All das wird jedoch Geld kosten – und da lässt die SPD vor allem auf unseren Namen anschreiben, auf die junge und heranwachsende Generation. Für junge Menschen außerhalb Deutschlands will man im Willy-Brandt-Haus auch viel tun: Die EU soll nach Wunsch der SPD zu einer Sozialunion weiterentwickelt werden. „Wir wollen, dass auch die Lebens-und Arbeitsbedingungen aller Europäer verbessert werden“, schreibt die Partei im Wahlprogramm. Soziale Mindeststandards und Mindestlöhne auf europäischer Ebene festsetzen und insbesondere Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen. Soziale Politik nicht nur für dich, sondern für einen ganzen Kontinent – allerdings bezahlt aus Deutschland.
Bemerkenswert ist auch, dass Bildung bei der SPD keinen Platz im Programm gefunden hat. Sicher, Bildungspolitik ist Länder- und nicht Bundessache – aber dass in einem betonten Zukunftsprogramm nichts über die wichtigste Komponente bei der Gestaltung der eigenen Zukunft, nämlich die Bildung, einfach fehlt, macht keinen guten Eindruck. Erstwählende Schüler und Studenten, deren Hauptaufgabe im Leben das Lernen sein sollte, können so überhaupt nicht abschätzen, ob und welche Impulse es durch einen Kanzler Scholz geben würde. Auch, wenn man nicht die konkrete Politikgestaltung zum Thema einer Bundestagswahl machen kann: Ein Programm, das so viel von Zukunftsvisionen spricht, hätte durchaus auch eine Vision für gute und verlässliche Bildung liefern können.
Fazit: Die SPD spricht von „sozialer Politik für dich“ – doch für dich als jungen Menschen bleibt die Partei überraschend unkonkret. Abgesehen von mehr Sozialleistungen und staatlichen Benefits bieten die Sozialdemokraten kein Bild, das junge Wähler ernsthaft fesseln oder begeistern könnte. Der Gesellschaftsumbau – weg von Individuum und leistungsorientierter Marktwirtschaft zur „Klimagesellschaft“, ist ebensowenig inspirierend wie eine Scholz-Rede. Wer den Kampf gegen den Klimawandel nicht als sein höchstes Ziel begreift, wird die Themen seiner Zukunft in der Sozialdemokratie nicht wirklich vertreten sehen.
Fokus auf die Floskeln „Zukunft“ und „Klima“, um von Fehlern in der Vergangenheit abzulenken – die Autoren treffen den Nagel auf den Kopf!