Die neue Ernährungsstrategie der Bundesregierung – Der Staat als Essens-Coach
Von Johanna Beckmann | Früher haben meine Eltern immer darauf geachtet, dass ich nicht zu viele Süßigkeiten esse. In Zukunft scheinen sie sich darüber keine Sorgen mehr machen zu müssen, da ab Juni 2023 eine Ernährungsstrategie in Kraft treten soll. Der deutschen Bevölkerung wird also eine Menge Arbeit abgenommen. Eltern müssen sich keine Sorgen mehr um die Ernährung ihrer Kinder machen und andere Menschen sind nicht mehr auf das Wälzen diverser Diät-Zeitschriften angewiesen. In Zukunft sind alle Deutschen zusammen auf Diät und das ganz ohne eigene Anstrengung.
Dafür sorgt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, dem die Verabschiedung der Eckpunkte der Ernährungsstrategie im Bundeskabinett am vergangenen Mittwoch ein großes Anliegen war. Die vollständige Strategie soll mit der Hilfe von Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft bis Ende Juni 2023 ausgearbeitet werden. Dieser Plan steht schon im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition. Es soll einige Veränderungen im Speiseplan der Deutschen geben. Doch alle Fleischliebhaber können aufatmen, da eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Fleischprodukte nicht enthalten ist. Özdemir kann auch alle anderen Menschen, die jetzt Angst haben, beruhigen, da es noch nie sein Plan war, Menschen vorzuschreiben, was sie essen sollen. Er möchte nur darauf aufmerksam machen, dass es auch in Deutschland möglich ist, sich gesund zu ernähren.
Und trotzdem sind ganz schön viele Forderungen in der Ernährungsstrategie enthalten. Da stellt sich die Frage: „Müssen wir in Zukunft trotzdem alle Bohnensuppe, anstatt Pizza essen?“ Auch wenn er sagt, dass er nicht vorschreibt, was wir essen, möchte er dafür weben, dass in Deutschland mehr Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Bohnen und Erbsen gegessen werden. Dies soll für eine pflanzenbasierte Ernährung bei den Deutschen sorgen. Ebenfalls ist das Ziel, dass weniger Zucker, Fett und Salz gegessen werden. Dafür sollen verbindliche Qualitätsstandards eingeführt werden. Leider sprechen alle seine Kriterien für die Bohnensuppe und gegen meine geliebte Pizza.
Auch für Kinder sieht es in Zukunft schlecht aus, da ungesundes Essen von ihnen ferngehalten werden soll. Jeder kennt wahrscheinlich den Moment, als man als kleines Kind im Supermarkt vor dem Süßigkeitenregal stand und am liebsten alles haben wollte, aber man sich nur eins aussuchen durfte. Diese Entscheidung soll Kindern heute abgenommen werden. Sie dürfen sich nicht mal eine ungesunde Leckerei aussuchen und müssen mit Obst und Gemüse in der Hand nach Hause gehen. Der Grund dafür ist, dass Cem Özdemir vor allem die ungesunden Lebensmittel, die Kinder zu sich nehmen, einschränken möchte. Dies sei für ihn sehr wichtig, da fünfzehn Prozent der Kinder in Deutschland übergewichtig sind. Es soll in Zukunft weniger rotes Fleisch und Süßigkeiten für Kinder geben, dafür aber ganz viel Obst und Gemüse.
Ebenfalls wird keine Werbung für ungesunde Lebensmittel für Kinder unter 14 Jahren gemacht werden. Ich weiß ja nicht, wie ich mir Kinderschokolade Werbung ohne Kinder vorstellen soll. Soll die Firma dann Erwachsene, die es nicht erwarten können, mit dem Spielzeug in ihrem Überraschungsei zu spielen, abbilden? Zum Glück ist wenigstens die Union gegen diesen Vorschlag. Sie fordern mehr Bewusstsein, da Kinder den Umgang mit Lebensmittel lernen müssen und nicht von ungesunden Dingen ferngehalten werden sollten.
Ein weiterer Punkt im neuen Ernährungsplan ist die Forderung von gesellschaftlich fairer Nahrung. Özdemir schreibt in einem Gastbeitrag in der Welt: „Nicht jeder, der schlecht isst, will es auch oder ist selbst daran schuld.“ Er möchte damit zu bedenken geben, dass sich viele Menschen keine unverarbeitete, gesunde und bezahlbare Nahrung leisten können. Ein Grund dafür sind die steigenden Energie- und Lebensmittelkosten. Sein Lösungsvorschlag ist die Verringerung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte.
Auch für die Umwelt soll die neue Ernährungsstrategie gut sein, da in Zukunft weniger Essen weggeschmissen werden soll. Außerdem sind regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel in Kantinen geplant. Wichtig findet Cem Özdemir auch die Reduzierung des Konsums von Fleisch, da Tierhaltung einen großen Einfluss auf die Treibhausgasemissionen haben soll. Es gibt für ihn also einige Gründe, den Konsum von Fleisch einzuschränken.
Die Regierung nimmt uns jetzt schon unsere Eigenverantwortung in Bezug auf unsere Ernährung ab. Doch was kommt dann? Müssen wir uns in ein paar Jahren vorschreiben lassen, wie wir unsere Freizeit gestalten, wann wir das Haus verlassen dürfen und wie oft wir in unser eigenes Badezimmer gehen dürfen?
Pommes sind gut für Kinder. Deswegen essen sie diese so gerne. Dafür sollte die Regierung werben: Cem Özdemir, eine Portion Pommes Rot-Weiß in der Hand, dazu der Text: „Gut für mich – gut für Ihr Kind!“
Dann werden sich Kinder zukünftig wohl auch nicht mehr viel bewegen oder gar Sport treiben dürfen. Schließlich erhöht sowas ihren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß und auch das Unfallrisiko. Alles klimaschädlich und ungesund.