Die Inflation ist sozialer und politischer Sprengstoff

Von Michel Valtey | Die Inflation frisst sich immer weiter in die Geldbeutel der breiten Gesellschaft. Monate wurde sie geleugnet, danach für „nur vorübergehend“ erklärt, dann für gut verkauft und schließlich Putin in die Schuhe geschoben. Vor allem Geringverdiener, die proportional einen hohen Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Güter des täglichen Bedarfs ausgeben sind stark betroffen. Um das zu erfahren, reicht ein einfacher Gang in den Supermarkt oder die Fahrt zur Tankstelle. Preissteigerungen von teilweise mehr als 50% sind keine Seltenheit mehr. Staatliche Subventionen wie das Energiegeld, der Tankrabatt oder das 9-Euro Ticket ändern an der sich immer weiter zuspitzenden Lage nur wenig. 

Doch wie soll es weitergehen? Die kommenden Monate und Jahre werden für einen großen Teil der Bevölkerung wohl durch einen spürbaren Wohlstandsverlust in der Erinnerung bleiben. Hohe Inflationsraten sind darüber hinaus in der Geschichte bisher häufig mit sozialen Unruhen oder starken Verwerfungen einhergegangen. Um das zu erkennen, reicht ein Blick auf die Weimarer Republik und die dortige Hyperinflation von 1923. Es ist leicht zu verstehen, dass Inflation in keiner Weise verharmlost werden darf. Mit Rückblick auf die damals folgende soziale und politische Katastrophe des sich daraus entwickelnden Nationalsozialismus, scheint es fast absurd, wie wenig Bedeutung die Thematik in der Politik heute wirklich einnimmt. Es scheint der Politik im Moment wichtiger zu sein, Toiletten für das dritte Geschlecht zu schaffen, als die Probleme der breiten Bevölkerung ernst zu nehmen.


Woran liegt es, dass sich Politik nicht mit vollem Einsatz dafür sorgt, das Problem anzugehen? Wahrscheinlich schlichtweg daran, dass es sich bei der Inflation nicht um ein durch Corona oder den Krieg in der Ukraine ursächlich ausgelöstes Problem handelt. Seit der Euro-Einführung sagten  schon dutzende Experten steigende Inflationsraten voraus. Schon früh wurde als Problem des Euros benannt, dass viele Länder mit stark unterschiedlicher Wirtschaftskraft auf Dauer nicht die gleiche Währung haben können, da ihnen sonst die Möglichkeit der Auf- und Abwertung fehlt. Dazu kommen die andauernden Rettungsorgien der südeuropäischen Länder, die ohne das massive Aufkaufen von Staatsanleihen durch die europäische Zentralbank längst bankrott gegangen wären, um nur zwei Grundprobleme des Euros zu nennen. Doch zu schön war es aus politischer Sicht, viele europäische Staaten mit einer einzelnen Währung zu beglücken und sie somit näher zusammenzubringen. Das Infragestellen des Euros würde das Scheitern eines der entscheidenden Projekte auf europäischem Boden bedeuten. Dies scheint aus Brüsseler Sicht keineswegs hinnehmbar zu sein.


Doch so unangenehm das Eingestehen von Fehlern auch sein mag – es muss nun endlich entschlossen gehandelt werden. Die EZB muss aus der unverantwortlichen Nullzinspolitik aufwachen, um größeren Schaden abzuwenden. Ihre aktuellen Pläne, den Leitzins auf 0,25 Prozentpunkte zu erhöhen, sind zwar ein guter Anfang. Jedoch im Vergleich zu anderen Ländern zaghaft (Apollo berichtete). Grundsätzlich gilt: Das Konzept des heutigen Euros sollte dringend überdacht werden. Ländern, denen der Euro als Währung zu stark ist, wäre es wohl besser anzuraten, das Projekt für ihr Land als gescheitert zu erklären und die Reißleine des Austritts zu ziehen. Sollte dies alles aus politischer Sicht nicht umsetzbar sein, sollte sich Deutschland letztendlich überlegen, den Euro selbst als gescheitert zu erklären und zu verlassen. Damit könnte die Geldwertstabilität wieder in eigene Hände genommen werden, wie es die Bundesbank viele Jahrzehnte vorgemacht hat. Geldwertstabilität korreliert nämlich nicht ohne Grund mit Wohlstand und sozialem Frieden – sie stellt eine der Grundlagen der heutigen Gesellschaft dar.