Die erste “Schwarze Kinderbibliothek” in Deutschland

Von Anna Graalfs | Finden Sie auch, dass es zu wenige schwarze Held*innen, König*innen und Prinz*en/*ssinen in deutschen Kinderbüchern gibt? Sehen sie das als ein großes Problem an? Erachten Sie es als wichtig Einspruch gegen weiße Perspektiven und eurozentrische Weltbilder zu erheben? Genau das dachten sich nämlich Sheeko Ismail und Maimuna Sallah, die im Mai 2022 die “Schwarze Kinderbibliothek” initiieren. Es gibt zwar schon einige “Schwarze Bibliotheken”, beispielsweise in Berlin und Köln, aber als schwarze Bibliothek, die nur für Kinder gedacht ist, ist sie den Gründern zufolge die allererste in ganz Deutschland. Anfang Februar hat die Kinderbibliothek nun ihre eigene Räumlichkeit im Bremer Szeneviertel Steintor eröffnet.
Schwarze Superman*innen
Rassismus beginnt schon mit der Bildung, bei den Kleinsten, sagt Sheeko Ismail. Und zwar, weil in den Bilderwelten von Kinderbüchern schwarze Menschen unterrepräsentiert seien. Es gebe zu wenig deutschsprachige Kinderbücher, mit schwarzen Vorbildern, mit denen sich schwarze Kinder identifizieren könnten. Als Folge von diesem systematischen Rassismus, würden sich dunkelhäutige Kinder ausgegrenzt und minderwertig fühlen. Es kann schon gut sein, dass es nicht genug Repräsentanz von Schwarzen in Kinderbüchern gibt, dass dies aber förderlich wäre, damit Kinder von Anfang an anderen Kulturen und Menschen ausgesetzt sind. Man muss an der Stelle allerdings auch anmerken, dass mehr Repräsentanz hier auch bedeutet: Schwarze Kinder können in Büchern auch mal die Bösewichte und Verbrecher sein – genauso wie das weiße Kinder sein können. Ansonsten wäre ein verzerrtes Bild der Realität dargestellt, in dem eine Menschenmasse indirekt bevorzugt wird. Bei meiner Recherche bin ich auf kein einziges Buch mit einer derartigen Darstellung gestoßen. Stattdessen gibt es in der neuen Kinderbibliothek in Bremen zum Beispiel die vom Englischen ins Deutsche übersetzten Bücher “Das Buch vom Antirassismus” oder “Julian möchte eine Meerjungfrau sein”. Vielleicht sehen das die Kinder von heute anders, aber ich wollte als Kind definitiv andere Bücher lesen. Die Jim-Knopf- und Räuberhotzenplotz-Generation ist wohl die letzte ihrer Art…
So soll Diversität aussehen?
Aber muss man diese Unterrepäsentation direkt als systematischen Rassismus abstempeln? Und vor Allem: Kann man nicht einfach hier und da für mehr Vielfalt in Kinderbüchern sorgen, anstatt eine “Schwarze Kinderbibliothek” zu eröffnen? Eine Einrichtung die sich aufgrund etwas vermeintlich so Unwichtigem wie der Hautfarbe von allen anderen ihrer Art abtrennt. Zwar dürfen weiße Menschen die Bibliothek auch betreten, aber alleine der Fakt, dass die Inhaber dies klarstellen mussten, verdeutlicht die Absurdität der Situation. Außerdem erinnert doch schon der Name “Schwarze Kinderbibliothek” an die vollzogene Rassentrennung beispielsweise in den USA Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts. Wird demnächst auch ein “schwarzes Kino” eröffnet, weil Dunkelhäutige auch dort unterrepräsentiert sind? Vielleicht gibt es das auch längst schon und ich habe es einfach nicht mitbekommen… Was wäre eigentlich, würde man eine Straße weiter die “Weiße Kinderbibliothek” einrichten? In dem Fall wären die meisten sicherlich nicht begeistert… Und das zu Recht. Fakt ist, dass eine Bibliothek, in der sich Personen verschiedenster Herkunft wiederfinden und austauschen können — über Bücher mit einer ganzen Bandbreite Meinungen und dargestellter Figuren – wirklich Vielfalt und ein liebevolles Miteinander fördert. Das Einzige, was eine “Schwarze Kinderbibliothek”, fördert – eine Bibliothek, in der es sich in jedem Buch um das Leben schwarzer Menschen dreht – ist die Entstehung von Parallelgesellschaften, und das auch noch im Namen des “Antirassismus”. Ironisch ist hierbei, dass das Projekt vom Bremer Rat für Integration unterstützt wurde. Amüsant, und gleichzeitig nicht wirklich überraschend, ist auch, dass die Bibliothek mit der typisch woken “Wir-retten-damit-die-Welt“-Stimmung entstanden ist. Die Inhaber bezeichnen die Einrichtung als “Safe Space vor Diskriminierung” – als könnte man als Dunkelhäutiger keinen Fuß mehr vor das Gebäude setzen ohne, dass unzählige Gefahren auf einen lauern.
Bislang verfügt die Schwarze Kinderbibliothek über gerade einmal rund hundert Bücher, aber es sollen aber immer mehr werden. Als Nicht-Bremerin kann es mir dabei ziemlich egal sein, wenn der Senator für Kultur 30.000 Euro in dieses Projekt investiert hat. Was ich aber sehr bedauerlich finde, ist, dass die Bibliothek zwar für jeden Besucher, aber nicht für jedes Kinderbuchthema und jeden Autor gleichermaßen zugänglich ist.