Der Staat – ein beliebter Kooperationspartner für Influencer

Von Johanna Beckmann | 86,5 Prozent der Deutschen nutzen die sozialen Netzwerke. Jede dieser Personen ist wahrscheinlich beim scrollen auf TikTok, Instagram und co schon einmal einem Influencer begegnet, der für das neuste Skincare Produkt, welches deine Haut innerhalb einer Woche von jeglichen Pickeln befreien soll, wirbt.
Hier gibt es in Deutschland klare Richtlinien für Influencer. Wenn sie mit einer solchen Marke kooperieren, müssen sie die Produktplatzierung gut sichtbar kennzeichnen. Das passiert dann oft durch einen großen Banner mit der Aufschrift „ bezahlte Werbung“.
Aber was wenn der Influencer nicht für eine Hautpflegemarke wirbt, sondern für einen Job bei der Bundespolizei?

Hier macht der Influencer Werbung im Auftrag des Staates. Für diese Kooperationen in den sozialen Netzwerken gibt unsere Regierung jährlich tausende Euro aus, die der Steuerzahler finanziert. Einige Menschen denken, dass die Richtlinien zur Kennzeichnung genauso seinen, wie bei den Skincare Produkten, sind sie aber nicht wirklich. Es wird kein Produkt beworben, sondern um eine Handlung gebeten. Hier gibt es keine eindeutige gesetzliche Regelung. Dadurch wird oft ein #Zusammenarbeit am Ende des Instagram Posts oder ein: „Ich wurde eingeladen um mit dieser Person aus der Regierung zu sprechen“ verwendet. Gut sichtbar ist die auf eine Kooperation hinweisende Information hier nicht.

Dennoch gibt es viele Videos von Influencern im Internet, die berichten, wie dankbar sie ihrer Community für ihre Unterstützung sind und wie sie deshalb probieren für diese alles transparent zu halten. In wie fern ein #Zusammenarbeit am Ende der Bildbeschreibung auf Instagram transparent zeigt, dass es eine Kooperation mit dem Staat ist, ist mir nicht so ganz klar. Dieser Hashtag kann schnell übersehen werden, da fast niemand die zwanzig Hashtags unter einem Post liest.
Auch „Ich wurde eingeladen um jemanden von der Regierung zu treffen, ist häufig eine bezahlte Kooperation“ und sagt nichts über eine Bezahlung aus. Es klingt eher so, als ob dem Influencer dadurch, dass er anwesend sein darf, ein Gefallen getan wurde. So wirklich kann der Steuerzahler dann nicht einmal erkennen, wofür das von ihm gezahlte Gels ausgegeben wurde.

Ein Beispiel für Influencer die eine Kooperation mit dem Staat eingegangen sind, sind Julia Beautix und Laserluca. Viele ihrer Follower sind noch nicht einmal 18. Wir kennen die beiden eigentlich durch ihre lustigen Vlogs. Dennoch machten sie 2020 Werbung für die Bundespolizei. Auf Youtube erschien die Kampagne „Bundespolizei Interaktiv: Julia Beautix gegen Luca“. Hier erleben Julia und Luca einen Tag als Polizisten. Diese Kampagne soll Zuschauer dazu animieren sich bei der Polizei zu bewerben. Es entstanden acht Videos mit einer Gesamtreichweite von 4,5 Millionen Views. Es gab sogar interaktive Charaktere, die es Zuschauern ermöglichten den Alltag selbst zu erleben. Die Produktion solcher Videos mit Influencern mit einer Reichweite von drei Millionen Abonnenten war höchstwahrscheinlich nicht ganz billig. Über eine Bezahlung zu dieser Kampagne sagen Luca und Julia nichts. Sie teilen uns nur mit, dass sie dankbar für die Erfahrung sind und es schön finden den Tag eines Polizisten miterlebt zu haben.

Auch die deutsche Influencerin Diana zur Löwen arbeitet häufig mit der Regierung zusammen. Am Anfang ihrer Social Media Karriere postet sie Fashion- und Beautytipps. Jetzt fokussiert sie sich fast ausschließlich auf Finanzen und Politik. Außerdem thematisiert sie oft feministische Themen. Dieses Jahr interviewte sie zum Beispiel unseren Bundeskanzler Olaf Scholz darüber, ob man Konflikte mit Waffen lösen sollte.
Auch unterstütze sie die Telekom im Projekt „#DABEI- gegen Hass im Netz“. Sie machte sich für mehr Zivilcourage und weniger Cybermobbing im Internet stark. Bei keiner der beiden Projekte machte sie Angaben über eine bezahlte Kooperation. Sie postet dennoch Videos auf ihren Social Media Kanälen über diese Projekte.

Wie und ob Luca, Julia und Diana für diese Kampagnen bezahlt wurden, teilen sie uns nicht mit. Aber selbst wenn sie nicht bezahlt wurden ist es für den Zuschauer keineswegs transparent, dass solche Kooperationen als Werbung für den Staat dienen. Es könnte sogar passieren, dass man die Hashtags am Ende einfach übersieht. Auch kosten staatlich finanzierte Werbeaktionen den Steuerzahler. Deswegen sollte es für diesen transparent sein, wo das gezahlte Geld hingeht und wer hinter welcher Kooperation steckt.

Aber wieso finanziert der Staat überhaupt Projekte mit Influencern? Wäre es nicht sinnvoll, wenn jemand Olaf Scholz zu Konflikten mit Waffen interviewen würde, der ein Experte in diesem Bereich ist oder wenn ein Polizist Werbung für die Bundespolizei macht? Außerdem ist die Zielgruppe von Influencern auf TikTok und Instagram zu einem Großteil unter 30, Viele sind sogar unter 20.

Ich denke, dass die Begründung dafür so ist: Wenn jemand Fan von zum Beispiel Diana zur Löwen ist und diese dann Olaf Scholz interviewt und beide gegen die Austragung von Konflikten mit Waffen sind, kann es passieren, dass dieser Fan seinem Vorbild nacheifert und ebenfalls ein Fan von Olaf Scholz und der SPD wird. Das gleiche könnte natürlich auch passieren, wenn jemand Luca oder Julia Fan ist und dann, weil das Vorbild gesagt hat, dass es toll ist bei der Bundespolizei anfängt. Der Staat finanziert also gezielt Menschen, die einen großen Einfluss auf die Zielgruppe der Kampagne haben, auch wenn diese Menschen keine Experten in dem Thema sind. Wenn dann die Follower der Influencer die bezahlte Kooperation nur schwer als solche entlarven können, dann ist es noch einfacher das gesagte als wirkliche Einstellung des Influencers zu verkaufen. Ganz schön absurd, oder?