Der schmutzige Wahlkampf um die Macht in Rom
Von Elena Klagges | Der Countdown zu den italienischen Parlamentswahlen läuft und wie könnte es anders sein: Jetzt werden die letzten Schmutzkampagnen gestartet, um dem politischen Gegner noch möglichst viele Wählerstimmen streitig zu machen. Am 25. September finden mal wieder reguläre Parlamentswahlen statt.
Die ,,Regierung der nationalen Einheit’‘ von Mario Draghi, die im Februar 2021 durch den Staatspräsidenten Mattarella von oben eingesetzt wurde – weil während der COVID-19-Pandemie natürlich ganz zum Schutze der Gesundheit keine Neuwahlen stattfinden konnten -, wurde im Juli 2022 nach einem Misstrauensvotum aufgelöst.
Laut den letzten Umfragen vom 10.09.2022 liegt die von Giorgia Meloni angeführte Partei ,,Fratelli d’Italia’’ (FdI) bei 25,3%, gefolgt von dem sozialistischen ,,Partito Democratico’’ (PD) mit 21,2%. Der ,,Movimento 5 Stelle’’ (M5S) liegt mit 13,8% auf dem dritten Platz und Salvinis Lega mit etwa 12,9% folgt bisher an vierter Stelle. ,,Forza Italia’’ (FI) mit Berlusconi liegt bei 7,9% und die neue Partei von Di Maio ,,Italia Viva’’ findet einen Zuspruch von 5,5%. Die restlichen Parteien kämpfen um die 3%-Hürde, sodass zusammenfassend das rechte Lager insgesamt bei 47,2% landet, das linke hingegen bei ca. 28%.
Dazu muss man wissen, dass es seit 2000 einen ,,Black-out elettorale’’ gibt. Das heißt, dass 15 Tage vor dem Urnengang keine Umfragen mehr veröffentlicht werden dürfen. Man fragt sich, ob die mündigen Wähler nicht mehr verunsichert oder ob Nichtwähler nicht mehr zu sehr beeinflusst werden sollen? Diese Regelung, die sonst weltweit nur in Griechenland, Südkorea, Argentinien und in der Ukraine ihresgleichen findet, ist völlig aus der Zeit gefallen. Denn einerseits spiegelt auch der Nichtwähleranteil ein politisches Klima wider und auf der anderen Seite läuft der Wahlkampf normal weiter. Hinzu kommt, dass sich in der digitalisierten Welt auch Influencer mit einmischen, wodurch diese Regelung im eigentlichen Sinne umgangen und sowieso untergraben wird. So re-postete die Mode-Ikone Chiara Ferragni letzte Woche zum Beispiel einen Beitrag auf Instagram, mit dem sie anregte am 25. September zur Wahl zur gehen, um ein ,,Blutbad’’ zu vermeiden, welches es geben solle, wenn die ,,ultra-rechten’’ Parteien gewinnen sollten.
Dieser Schritt soll dem linken Lager Aufwind geben und fasst den ideologischen Wahlkampf ganz gut zusammen. Es wurden weniger Themenschwerpunkte gesetzt und mehr die Moralkeule geschwenkt, mit dem Ziel, die rechten Parteien zu diffamieren und sie als ,,Faschisten’’ dastehen zu lassen.
Giorgia Meloni im Visier
Dies betraf vor allem die Anführerin der FdI Giorgia Meloni, die im Laufe ihrer politischen Karriere unbestritten auch einen gewissen Wandel durchlaufen ist. Doch schaut man sich die Positionen an, für die die 45-Jährige sich jetzt einsetzt, vertritt die Partei einen konservativen Kurs, der in 10 Regionen in Italien auch schon in Regionalregierungen mitvertreten ist und offensichtlich positiven Zulauf findet.
So steht sie für Steuersenkungen, wirtschaftlichen Aufbau und bessere Investitionsbedingungen; einige sprechen davon, dass ihre Vorbilder der Philosoph Roger Scruton und der Ökonom Hayek sind. Sie fährt zwar einen harten Immigrationskurs, doch kann man etwas dagegen haben, wenn man die Flüchtlingssituation, von der Italien als südeuropäischer Mittelmeerstaat sowieso als erstes und grundsätzlich stets hart betroffen ist, legal regulieren möchte? Meloni steht für ein klassisches Familienbild und hat ihre eigenen Ideen für Europa, erteilt dem Staatenverbund allerdings entgegen einigen Medienberichten noch lange keine Absage. Sie ist Pro-Nato, Atlantikerin und stellt sich im laufenden Krieg an die Seite der Ukraine.
Dazu muss man betonen, dass es in Italien bisher kaum eine konservative oder rechte Partei gab, sodass die FdI von den (weltweiten) MSM im Vergleich schnell auf die rechte Außenseite abgeschoben werden konnte. Wobei man auf die Terminologie in den italienische Medien achten sollte, denn da heißt es in fast allen Zeitungen noch, dass das ,,Mitte–Rechts-Bündnis’’ aus FdI, FI und Lega an Zulauf gewinnt – und eben nicht ein ,,rechtsradikales’’ Bündnis oder ähnliches.
Selbstverständlich macht diese Entwicklung dem linken Lager Angst. Es wundert also kaum, dass vor einigen Tagen letzte Versuche gestartet wurden, den Koalitionspartner Salvini Dreck anzustecken. La Repubblica titelte nämlich am Donnerstag, dass laut amerikanischen Geheimreporten Russland seit 2014 mindestens 400 Millionen Dollar an Geldern vergeben habe, um in verschiedenen Ländern Politiker zu finanzieren. Washington werde den betroffenen Staaten klassifizierte Informationen zukommen lassen. Sofort wurde Salvini, der den russischen Sanktionen skeptisch gegenübersteht und bekannterweise seit einigen Jahren Kontakte nach Russland pflegt, beschuldigt. Doch schon nur einen Tag später rief der geschäftsführende Ministerpräsident Draghi den amerikanischen Außenminister Blinken an und es stellte sich heraus, dass Italien gar nicht auf dieser geheimen Liste stehe. Diese Nachricht wurde, wenn überhaupt, klein und leise gebracht und der Schaden für die Lega ist nicht ganz sicher einzuschätzen, aber es zeigt sehr deutlich, wie schmutzig an sich die Art und Weise des linken Wahlkampfes ist.
Man sollte sich keine Illusionen machen: Denn selbst wenn das rechte Lager die Mehrheit gewinnen sollte, eine Koalition ist nicht selbstverständlich vorausgesetzt bzw. werden auch schon Wetten abgeschlossen, wie lange oder kurz eine solche überhaupt überleben würde.
Zwar zeigen die Umfragen, dass eine Führung unter Meloni den größten Zulauf hätte und somit stehen ihre Chancen als erste weibliche Ministerpräsidentin für die kommenden fünf Legislaturjahre nicht schlecht. Aber die Beziehungen unter den drei Parteien sind nicht einfach und v.a. auch in der Russland-Frage sehr differenziert. Es bleibt somit nächste Woche abzuwarten, ob auch in Italien wie in Schweden ein Kurswechsel stattfinden wird oder nicht.
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