Der schlimmste Lehrer von allen

Von Selma Green | Ob Sie es glauben oder nicht, als kleiner Nerd habe auch ich Lehrer, die ich wie die Pest hasse. Es gibt da eine breite Palette von Exemplaren, die gerade aus der Hölle gekomme zu sein scheinen. Bei solchen Leuten frage ich mich: Warum sind die überhaupt Lehrer geworden? Dachten die sich eines morgens: “Mensch, ich werde Lehrer. Ein super Beruf um Kinder zu quälen.”?
Hier aber ein Lehrer, den ich von allen am wenigsten leiden kann:
Chemie ist ein super Fach – eigentlich. Mein erster Chemielehrer Herr M. (mich graut es seinen vollständigen Namen aufzuschreiben) hat mich dazu gebracht, das Fach zu verabscheuen. Ich kann mich noch genau an Herrn M. erinnern. Er grinste immer so gruselig, wie das Kind von der Kinderschokoladenverpackung, sodass sich sein weißes Ziegenbärtchen zu einem Strich verformt. Mit Turnschuhen, Hipster-Schiebermütze und seiner Bomberjacke schlendert er dann durch die Reihen, tippt etwas auf seinem IPad herum und reißt schlechte Witze und “coole” Sprüche. Herr M. hatte ständig diese antiautoritäre “Ich-bin-der-lässige-Freund-meiner-Schüler-doch-eigentlich-sind-sie-mir-egal”-Attitüde. Gelernt habe ich bei ihm so gut wie nichts. Ich durfte vielleicht ein paar Stoffe verbrennen die hübsch leuchteten, doch fragen Sie mich nicht, was da genau passiert ist. Ich lernte mehr bei “Dora the Explorer”, als in einem Jahr Chemieunterricht bei Herrn M.. „Dora the Explorer” war so eine interaktive Kindersendung, die Kinder dazu verleitet, den Fernseher anzuschreien (gern geschehen Nachbarn). Naja, Sie wissen schon.
Wir mussten trotz alledem Klassenarbeiten schreiben. Bei der zweiten Klassenarbeit hieß es zuerst “Chemie fällt aus”. Und Überraschung! 5 Minuten nach Unterrichtsbeginn wurden wir zum Chemieraum zusammengetrommelt. Dort erwartete uns Herr M. mit seinem Kinderschokoladen-Lächeln und meinte mit sanfter Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken jagt, wenn ich nur an sie denke: ”Ihr solltet mal mit der Arbeit loslegen. Zeit läuft schon. Ihr habt noch 35 Minuten.” 35 Minuten von 45!? Wir sprinteten zu unseren Plätzen, auf denen die Klassenarbeiten schon, fein säuberlich platziert, lagen. Wenn wir nicht schon durch den Sportunterricht völlig verschwitzt waren, dann brachte uns diese Chemieklassenarbeit definitiv dazu. Die meisten Aufgaben musste man sich erst einmal 5 Minuten lang durchlesen, um sie zu verstehen.
Klassendurchschnitt: 4,4
Ich sage nur so: Der Notenspiegel war kein hübscher anblick: 17 Fünfen, 10 Vieren, 2 Dreien und eine einzige Eins. Meine Arbeit kennzeichnete eine dicke 4 minus. Herr M. hatte da ein paar Pünktchen “vergessen”, sodass ich mir noch eine 4 plus ergattern konnte. Der Chemielehrer weigerte sich auch konsequent meine Fragen zu beantworten. “Was ist bei der chemischen Reaktion jetzt passiert?” Grinsen, “Wie kann ich meine Note verbessern?”, Grinsen, “Was hat es mit dem Periodensystem auf sich?”, Grinsen.
Ich habe eine ältere Schwester und ich dachte ich wüsste, was Zickenkrieg ist. Doch Herr M. zeigte mir, dass auch Männer zicken können. Nein, eigentlich ist Herr M. kein Mann, viel mehr ein kleiner Junge, der alles von seiner lieben Mami in den Allerwertesten geschoben bekommen hat.
Von der Sorte Lehrer wie Herrn M. gab es einige an meiner alten Schule. Das war folgendes Phänomen: Meine grünen Mitschüler, hatten keine Lust auf Schule. Sie müssen sich vorstellen, meine Mitschüler waren solche wohlstandsverwahrlosten, leistungsverweigernden FridayforFuture-Rotzgören, die denken, sie wissen alles besser, als die Erwachsenen. Da wurde jeder noch so kleine Makel am Unterricht oder am Lehrer genutzt, um eine Diskussion zu beginnen und um keinen Unterricht machen zu müssen. Das ist auf die Dauer echt ätzend, dafür braucht man kein Nerd sein, sondern schlicht alle Tassen im Schrank. Die meisten Lehrer trauen sich nicht mehr, schlechte Noten zu verteilen oder streng zu sein.
Am Ende werden nicht die Schüler für die schlechten Noten, sondern die Lehrer beschuldigt. Dann kommt die Mama von Phillipp in die Schule und beschwert sich warum ihr Baby denn so schlechte Noten hat. Genau deshalb beginnen die Lehrer mit einzusteigen und uns nicht wirklich etwas beizubringen. Nein, an oberster Stelle steht: Haltung. Ist der Lehrer nicht woke genug, hat er bei den grünen Rotzgören keine Überlebenschancen. Die Lehrer versuchen dann mit den Schülern befreundet zu sein und nur lustige Sachen zu machen.
Das ist völlig pervers! Wer will denn mit seinem Lehrer befreundet sein? Jedenfalls besteht der Unterricht dann für zwei Monate aus Friede Freude Eierkuchen, doch dann – Boom! Dann haut der Lehrer bei der nächsten Klassenarbeit die Schüler in die Pfanne. Nach meinen Erfahrungen glotzen alle blöd aus der Wäsche und machen dann wieder mit, wenn der Herr M. in der nächsten Stunden seine coolen Sprüche liefert. Damit die Eltern nicht quengeln bekommt jeder Schüler zum Trost die 2 oder 3 auf sein Zeugnis, die jedenfalls nicht annähernd der Note in den Klassenarbeiten entspricht.
In der Schule lernen die Schüler, wie man nicht mehr lernen muss.
Herr M., mein ehemaliger Chemielehrer, ist das Musterbeispiel für einen solchen Lehrer. Man merkte ihm an, dass er es genießt, der coole Kumpel der Schüler zu sein. Doch noch breiter grinste er, als wir mit bleichen Gesichtern unsere Tests und Klassenarbeiten benotet in den Händen hielten.
So sieht es in den meisten Fällen in Klassen mit hauptsächlich grünen Öko-Jugendlichen aus. Ja, die Schüler verweigern Leistung und die Lehrer steigen mit ein. Die Eltern gehen immer davon aus, dass ihr Liebling alles richtig macht und wehe ein Lehrer wagt es, etwas anderes zu sagen. Die Lehrer und die Schulleitung halten lieber den Mund. In der Schule lernen die Schüler, wie man nicht mehr lernen muss.
Blöd, dass es Schüler gibt, welche auf die
Ich-bin-Euer-Kumpel-Masche von Lehrern wie diesem einsteigen. Sonst würde Herr M. vielleicht aufhören zu Grinsen.