Der ÖRR im Wahlkampfmodus
Vom ÖRR-Blog-Team | „Authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten“, so beschreibt das Bundesverfassungsgericht die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Gerade in einem hitzigen Wahlkampf, womöglich dem polarisiertesten und aggressivsten seit fünfzehn Jahren, gilt: Nur die unverzerrte Wahrheit steht im Mittelpunkt und nicht das Sensationelle, das bleibt schließlich für die Privaten. So sieht sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur zu gerne. Aber was ist dran?
Kleine Auswahl großer Fehler
Das Wissensformat Quarks des WDR machte sich an eine Auswertung der Wahlprogramme hinsichtlich deren Qualität in Klimafragen. Anfang September, gute vier Wochen vor der Wahl, publizierte Quarks eine Rangliste der Parteiprogramme: FDP Platz 1, also das beste Programm, um dem Klimawandel zu begegnen, gefolgt von der Linkspartei, für die Grünen blieb immerhin die Bronzemedaille.
Soweit, so gut.
Aber dann bezweifelt die Moderatorin des Formats, ob die FDP, soweit sie Verantwortung bekäme, ihren Plan auch umsetzen würde. Das führt kurzerhand zur Strafversetzung der FDP auf den vorletzten Platz. Was an diesen Zweifeln der Moderatorin wissenschaftlich ist und warum die Partei genau auf dem vorletzten Platz landet, bleibt offen. Genau wie die Frage, ob die anderen Parteien ihre mehr oder minder wirksamen Programme so umsetzen würden, wenn sie Regierungsverantwortung übertragen bekämen. Es ist reine Willkür.
Die Informationen zu den Wahlprogrammen mögen sorgfältig recherchiert sein. Aber die offen zur Schau gestellte Vermischung von Fakten und Meinung kann wohl niemand als objektiv und wissenschaftlich bezeichnen. Quarks, das Format „gemacht mit Hirn“, war hier eher Quark, das Format „gemacht mit Hetze.“
Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Radfahren liegt im Trend, da haben die Medien natürlich die Stimmung im Land dazu einzufangen. Der RBB interviewte zum Thema „Radfahren in Berlin“ Passanten. Der Beitrag wurde in der Abendschau ausgestrahlt, doch manch einer wunderte sich, dass die sonst bei Politikern übliche Angabe der Partei bei einem Interviewpartner gänzlich fehlte. Denn der Grünen-Abgeordnete Georg Kössler sprach mit dem RBB als vermeintlicher Bürger von der Straße, nicht als Politiker. Gut, Grüne und Radfahren, da kann kein Mensch einen politischen Bezug herstellen, oder? Angesprochen auf diese Beobachtung vieler Zuschauer reagierte der RBB schließlich und löschte den Beitrag. „Ein Fehler“ sei der Vorgang gewesen. Ob der Beitrag heute noch in der Mediathek zu sehen wäre ohne die Hinweise der freundlichen Gebührenzahler? Wir wissen es nicht.
Der Durchschnitt der Gesellschaft
Die Wahlarena: Ein tolles Format. Spitzenpolitiker im Gespräch mit einfachen Menschen. Keine geskripteten Fragen, keine Top-Journalisten auf der anderen Seite, die jahrelang auf politische Interviews vorbereitet und ausgebildet werden: Alles ist möglich. Ein wirklich gut durchdachtes Format, bringt die Arena doch Schwung in den glatten, oftmals trögen und langweiligen Wahlkampf.
Am 15.9. war Armin Laschet, Kanzlerkandidat der CDU und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen in der Wahlarena zu Gast. Ein paar Stunden früher aber fand der Tweet einer jungen Frau rege Verbreitung. Sie wolle Laschet fertig machen, wenn sie ihn am Abend in Arena treffe. Nun, geschulte und trainierte Aktivistin trifft es besser. Die Agentur „hartaberlinks“ schaffte es, drei „ausgebildete“ Aktivisten in die Wahlarena einzuschleusen. Die Agentur sagt Ihnen nichts? Geleitet wird sie von Emily Laquer. Laquer ist Sprecherin der vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuften Interventionistischen Linken. Die ARD scheint hier sehr wenige Berührungsängste mit dem extrem linken Lager zu haben.
Der RESTle
Georg Restle, allseits geschätzter Moderator des Polit-Magazins Monitor, rief am 11.9. relativ unverholen per Tweet dazu auf, nicht die CSU zu wählen. Denn damit würden man Überhangmandate verhindern. Nicht sehr objektiv. Aber natürlich ist Herr Restle auf Twitter nicht als ÖRR-Journalist unterwegs, sondern spricht nach Eigenauskunft nur für sich. Nun gut, das kann aber Quarks, der RBB und die ARD-Wahlarena wohl kaum von sich behaupten.
Wie lautete nochmal der Auftrag?
„Authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten“
Was wohl Karlsruhe bei näherer Betrachtung dazu sagen würde? Uns bleibt nur: Abschalten.
Dieser Beitrag erschien in Zusammenarbeit mit dem ÖRRBlog. Hier zu finden auf Twitter.