Das große Apollo-Ungarn-Battle
Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Die ungarische Regierung und ihr Chef Viktor Orban sind in Deutschland höchst umstritten. Während die EU Sanktionen gegen das Land ausspricht, wird es von anderen für das Wahren ihrer konservativen Werte gefeiert. Für wen fiebern Sie mit: Team Die-sind-doch-alle-korrupt oder Team Die-stehen-zu-ihren-Werten?

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte vereinzelt Spuren von Humor enthalten. Weder Ungarn-Basher noch Ungarn-Lover wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.
Die Ungarische Regierung ist korrupt und glaubt nur an eines: Macht

Von Martin Cohle | Was die Politik in Ungarn anbelangt, gibt es viele Probleme. Von der Opposition bis zur politischen Kultur weist Ungarn einige, mehr oder weniger große, Mängel auf. Das größte Problem ist meiner Meinung nach die Regierung und Viktor Orbán.
Ungarn ist der EU-Korruptionskönig
Auch wenn du das nicht hören möchtest Maxi, Ungarn hat ein großes Problem mit Korruption: Wenn westliche Staaten oder die EU die konstant steigende Korruption in Ungarn kritisieren, dann kommen gleichzeitig konservative und/oder rechtsradikale Stimmen aus dem Westen und verteidigen Ungarn mit dem Argument: „Korruption gibt es doch überall!“ Diese Aussage stimmt zwar, aber das Argument ist sehr schlecht. Erstens ist die Korruption in der EU nirgendwo so hoch wie in Ungarn und zweitens rechtfertigt Korruption in einem Land nicht die Korruption in anderen Ländern. Drittens gehört Ungarn kultur-historisch zum Westen und die Regierung sollte zumindest so tun, als würde sie diese gemeinsame Geschichte und die demokratische Grundordnung respektieren.
Ein Beispiel von Tausenden von Korruptionsfällen ist der langjährige Freund von Orbán und Oligarch „Lörinc Mészáros“. Dieser Mann ist in nur wenigen Jahren zum Milliardär und zur reichsten Person Ungarns geworden. Nur weiß keiner so richtig wie das geschehen konnte, denn er ist gelernter Gasinstallateur, der in den 90er Jahren einen kleinen Klempnerbetrieb gegründet hat. Mittlerweile steht auf Wikipedia, dass er ein Bau- und Medienunternehmer ist. Ich möchte Gasinstallateure und Klempner nicht beleidigen und unterschätzen, aber sie sind nicht unbedingt die Gruppe von Menschen, von denen ich erwarte, dass sie in wenigen Jahren zum Milliardär werden.
Es ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass Mészáros (und viele andere Fidesz-Mitglieder/Familienmitglieder/Freunde) von EU-Geldern reich geworden ist.
Ein Hang zum Populismus
Ein weiteres Problem ist der Populismus. Orbán und die Fidesz-Partei wissen ganz genau wie die Mehrheit der Bevölkerung tickt und nutzen das auch regelmäßig aus. Sie schaffen immer und immer wieder neue Feindbilder. Mal ist es György Soros, mal die EU, mal die Juden oder „die Linken“. Dabei wird die Regierung von den Medien unterstützt, denn viele wurden von regierungsnahen Unternehmen/Unternehmer gekauft, wie zum Beispiel von Lörinc Mészáros. Man kann unabhängige Zeitungen in Ungarn auf einer Hand abzählen.
Die Fidesz hat auch ihren „eigenen Goebbels“: Zsolt Bayer. Dieser Mann hat keine Angst davor politische Gegner und „Feinde“ zum Beispiel als Ratten oder Ungeziefer zu bezeichnen. Und diese müssen natürlich vernichtet werden, wenn man Bayer fragt.
Politisch flexibel wie ein Gummiband
Zum Populismus gehört auch, dass die Regierung das macht und sagt, was die Mehrheit (hören) will. Denn nur so bleiben sie an der Macht. Genau deswegen regiert in Deutschland nicht die AfD oder die Linke. Weil sie Dinge sagen und machen wollen, die nur eine Minderheit (hören) will. Wer glaubt, dass die Fidesz-Partei eine Ideologie hat, der liegt falsch. Orbán und seine Regierung glauben nur an zwei Dinge: Macht und Geld.
Man muss sich das folgendermaßen vorstellen: Wäre die Mehrheit der Bevölkerung in Ungarn linksliberal, dann wäre die Fidesz eine linksliberale Partei. Sie haben also keine Ideologie, sondern sind flexibel wie ein Gummiband. Das sieht man auch an der Entwicklung der Partei. Sie war ursprünglich eine liberale Partei, die gegen den Sozialismus „gekämpft“ hat. Nun sind sie auf dem Papier eine rechtsextreme, populistische Partei. In Deutschland gibt es KEINE Partei, die so eine 180 Grad Wende gemacht hat. Zumindest kenne ich keine.
Untertanenkultur und schlechte Bildung
Es ist kein Geheimnis, dass die Bildung in Ungarn sehr schlecht ist. Die Lehrer sind unterbezahlt und der Unterrichtsstil stammt aus dem alten Preußen, wo die Schule eher einem Gefängnis glich als einer Bildungseinrichtung. Das kann ich selbst bezeugen. Für wenige Jahre war ich selbst „Insasse“ in einer solchen Einrichtung, was man kaum als Schule bezeichnen kann.
Eine schlechte/ amoralische politische Kultur ist die Folge eines schlechten Bildungssystems. Die politische Kultur in Ungarn ist eine Untertanenkultur. Die Mehrheit der Bevölkerung in Ungarn hat schon immer eine „starke/ handlungsfähige Hand“ bevorzugt. Die Demokratie ist für viele eher eine Hürde als eine Errungenschaft der abendländischen Kultur.
Für das schlechte Bildungssystem ist die Regierung verantwortlich. Denn sie haben absolut keine Vorteile davon, wenn zukünftige Generationen zu gebildeten, verantwortungsvollen und aufgeklärten Bürgern erzogen werden.
Die Ungarn stehen zu ihren Werten und werden deshalb zum Feindbild

Von Max Zimmer | Geht es nach der Berichterstattung in Deutschland und nach den Politikern in Brüssel und Berlin, hat Europa – neben den jüngsten Wahlergebnissen in Schweden und Italien – hauptsächlich ein Problem: Ungarn, und seine nationalkonservative Regierung. Neben der Korruption im Land wird hierbei häufig auf vermeintlich fehlende Pressefreiheit, sowie undemokratische Zustände im Staatsapparat hingewiesen. Aufgrund dieser Vorwürfe kommt es auch immer wieder zu Sanktionen durch die EU, vor allem Kommissionspräsidentin von der Leyen scheint die Ungarn auf dem Kieker zu haben.
Aber als kritischer Beobachter sollte man sich schon die Frage stellen: Ist das fair? Ist Ungarn wirklich das schwarze Schaf, zu dem er hierzulande gemacht wird? Und sind die anderen Länder in der Union Budapest tatsächlich so moralisch überlegen, wie es oftmals behauptet wird?
Wir sind nicht besser als Ungarn
Ich weiß, Martin, wir als Deutsche neigen gerne dazu, uns anderen gegenüber für überlegen zu halten. Und nein, nicht alles, was du ansprichst – vor allem in puncto Korruption, ist falsch. Ja, Ungarn hat hier ein großes Problem. Aber eben auch ein offensichtliches. Nur weil man Korruption in Deutschland vielleicht weniger wahrnimmt (oder wahrnehmen möchte), ist sie nicht unbedingt weniger vorhanden. Gerade was die Justiz angeht, hört man hierzulande immer wieder von Korruptionssümpfen, die aber nie konsequent angegangen werden. Wohl auch, weil die Verstrickung der Staatsanwaltschaften mit der Politik in Deutschland viel zu eng ist, als dass es hier ein politisches Interesse gäbe, sie aufzuarbeiten.
Und auch, wenn wir mal einen Schritt weiter gehen, und uns die große Politik anschauen: Was ist das denn mit Scholz? Mit seinen dubiosen Cum-Ex-Verstrickungen? Der Mann hat mehr Finanzskandale am Hals, als Haare auf dem Kopf. Und so jemand kann in Deutschland immerhin Kanzler werden. Dazu kommen Maskendeals während Corona, Lobbyeinflüsse der Pharmaindustrie und merkwürdige Aserbaidschan-Connections von CDU-Abgeordneten.
Wir zeigen mit dem Finger immer nur auf andere
Ja, du sagst zurecht, dass die Korruption anderswo nicht die Korruption in Ungarn rechtfertigt. Aber es ist gleichwohl nicht unerheblich, wenn Länder wie Deutschland auf Budapest zeigen, aber ihren eigenen Laden offensichtlich nicht im Griff haben. Und auch gerade Brüssel gilt nicht zu Unrecht als Sumpf, was Lobbyismus und Korruption angeht. Ich erinnere mich gerade bezüglich einer gewissen Kommissionspräsidentin von der Leyen an umfangreiche Milliardenaufträge, Berateraffären und plötzlich gelöschte E-Mails und SMS. Ob das die richtigen Ankläger in Richtung Budapest sind – bezweifle ich stark.
Und auch beim Thema Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit sollten wir uns vielleicht nicht allzu moralinsauer aufführen – es ist Deutschland, wo mit Stefan Habarth ein langjähriger politischer Weggefährte von Angela Merkel das Verfassungsgericht anführt. Auch wir haben massive Probleme mit der Meinungs- und Pressefreiheit, gerade während Corona immer wieder erlebt. Die Gewaltenteilung hat unter dem Maßnahmenstaat massiv gelitten. Daher wäre ich vorsichtig, Ungarn als schwarzes Schaf darzustellen – leider sind wir nicht viel besser.
Ungarn steht zu seinen Werten – und wird zum politischen Feindbild
Ich bestreite nicht, dass Ungarn viele Probleme hat. Ich glaube allerdings, dass das Herausstellen von Ungarn als besonders autokratische oder undemokratische Nation innerhalb der EU vor allem einen politischen Hintergrund hat – anders als der linksliberale und globalistische Mainstream in Westeuropa, ist Ungarn nationalkonservativ orientiert, betont den Wert des Glaubens, der Familie und der Nation. Sie machen nicht mit bei LGBTQ-Ideologie, Wokeismus und der Dekonstruktion alles Normalen und jeder Tradition. Und das macht sie in erster Linie zu einem politischen Feindbild.
Dazu kommt, dass Ungarn auf seine Souveränität pocht, wo es eben kann, und dadurch auch Erweiterungen der brüsseler Kompetenzen blockiert. Das schmeckt dem dortigen Machtapparat natürlich nicht. Deshalb geht man gegen Budapest vor und ich finde, wir sollten uns nicht vor den Karren jener Akteure spannen lassen und einseitig mit dem Finger auf Orban zeigen.
Man ist ja schon froh, überhaupt mal etwas über die realen Probleme Ungarns zu erfahren. Sonst wird ja so getan, als ob dort der Teufel persönlich herrscht. Ich selbst bin froh, dass es in der EU mit Ungarn, Polen, etc. ein Gegengewicht zu UvdL und ihren totalitären Gesinnungsgenossen gibt.