Das große Apollo-Halloween-Battle
Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Halloween-Basher Sven gegen Halloween-Enthusiastin Laura. Ist Halloween wirklich das billige amerikanische Importfest für das es von vielen gehalten wird oder gibt es doch gute Gründe, Halloween zu feiern?

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Weder verbitterte Halloween-Hasser noch -Fans wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.
HALLOWEEN-BASHER SVEN:

Von Sven Justin Verst | Ach Halloween, ein Fest für Kinder und große Kinder die sich besaufen. Ein weiterer toller amerikanischer Exportschlager. Nein meine liebe Laura, damit eröffne ich nicht meinen Kreuzzug gegen dieses unheilige Fest und die europäische Herkunft ist mir bewusst. Doch leider hat das heutige Halloween hat nicht mehr viel mit seinem Ursprung gemein, aber dazu später mehr. Mittlerweile ist es ein weiteres Fest in jedem säkularen Kalender. Wenn man über Halloween spricht, muss man sich erst mal darauf einigen, worüber genau man überhaupt spricht. Denn dieses „Fest“ hat zwei Seiten. Einerseits ist es ein Familienfest, eher ein Kinderfest, an dem man sich verkleidet (als Kind) und durch die Nachbarschaft zieht, um Süßes zu ergattern (als Kind). Auf der anderen Seite haben wir die Partymäuse, welche es als perfekte Gelegenheit sehen, sich mal wieder würdelos in den Vollsuff zu stürzen. Auch sogenannte Erwachsene (große Kinder) verkleiden sich gerne dafür. Es ist quasi der Karneval bzw. Fasching des Herbstes.
Zum kindlichen Halloween möchte ich gar nicht viel Negatives schreiben. In der Tat lassen sich sogar Vorzüge erkennen. Kinder lernen eigenständig von Haus zu Haus zu ziehen. Allerdings ist dies nur in sicheren Nachbarschaften möglich. Auch der Konsum an Süßigkeiten ist wie an Karneval, besorgniserregend.
Als Teil des Teams: „Trinken ja, Kotzen bah!“, finde ich die alljährlichen Sauforgien zu solch Anlässen wie Halloween, aber auch Karneval eher abschreckend. Alles ist in Maße zu genießen. Leider ist der Koma Suff kein Feiertag exklusiver Sport, sondern findet auch an anderen Tag statt. Aber was stört mich dann? Der Gebrauch von Feiertagen als Ausrede zum Trinken. Seit Jahren nervt es mich, dass Menschen Feiertage als Ausreden für ungesunden Alkoholkonsum vorschieben. Wenn du dich bis zur Kloschüssel besaufen möchtest, tu dies, aber lass den armen Feiertag in Ruhe. Trinkt einfach auch an anderen Tagen unter der Woche, am Wochenende oder auf der Arbeit. Denn wie wir alle wissen: Deutschland wird (auch) an der Theke verteidigt!
Genug Alkohol. Verkleiden. Wunderbar für Kinder. Peinlich für Erwachsene. Gleich vier Probleme werden direkt klar, für jeden was dabei, vielleicht auch für dich Laura. Alle paar Jahre gibt es einen Film oder eine Serie, welche eine perfekte Kostümidee bietet. Weil wir in unserer individualistischen Massengesellschaft so originell sind, verkleidet sich dann jeder als… was war es zuletzt, Hailey Quinn?! In dem Jahr sahen die werten Damen alle gleich aus, nicht dass sie sonst mit ihren weißen Adidasschuhen, blauen Jeans und schwarzem oder weißem Oberteil mehr Vielfalt anbieten würden. Als Argument für die Feminist:innen, welche Apollo vermutlich eh nicht lesen, biete ich noch die Sexualisierung der weiblichen Kostümmöglichkeit zur Kritik an. Sexy Krankenschwester, sexy Katze, sexy Devil, sexy Hotdog, sexy Grandma, die Liste ist endlos. Sexy everything, bis du eine kalte Bierdusche bekommst oder mit dem geliehenen Kostüm in Kotze trittst.
Die zwei weiteren Probleme sind genereller. Zunächst einmal haben wir die Kommerzialisierung von Halloween. Die Menge an Müll, die jährlich in Halloweenoptik produziert wird, ist erstaunlich. Braucht es eine Tasse mit Kürbissen drauf? Braucht die Snapchat-Karte diese Augenkrebs verursachende Umgestaltung? Anscheinend schon, sonst wären sie nicht auf dem Markt. Damit endet das Argument für Planwirtschaft aber auch. Dabei bin ich eigentlich ein Freund des Herbstes, endlich wieder einen schicken Mantel tragen, ein wenig spazieren gehen, von einem Schauer überrascht werden und sich anschließend mit einem Tee ins Bett kuscheln. Wunderbar und es alles funktioniert ohne spooky season Ästhetik.
Zuletzt lässt sich der Punkt anführen, auf den streng religiöse Leser gewartet haben. Halloween zelebriert das Böse. Es wird sich als Teufel verkleidet oder andere düsteren Figuren aus der Mythologie. Eine komplette Verdrehung des eigentlichen Feiertages. Denn seinen Ursprung und auch Namen hat Halloween vom christlichen Feiertag Allerheiligen. Aus All Hallows Eve, also dem Allerheiligen Abend, wurde Halloween. So wurde ein Abend, an dem Toten gedacht werden sollte zu einem an dem als sexy Teufel verkleidet bis in den Tod gesoffen wird.
Trotzdem werde ich mich ein wenig vorbereiten, ganz ohne Eigennutz ein paar Süßigkeiten kaufen, falls dann doch mal ein Kind klingelt. Und wenn sie nicht klingeln, verarbeite ich meinen Frust auf keine Halloweenparty eingeladen geworden zu sein mit einer ungesunden Menge an Twix-Riegeln.
HALLOWEEN-ENTHUSIASTIN LAURA:

Von Laura Werz | Lieber Sven, grundsätzlich verstehe ich ja deine Abneigung gegenüber Halloween. Viele Kritiker betrachten es als Ausgeburt des amerikanischen Kulturimperialismus. Ich stehe amerikanischen Einflüssen und der amerikanischen „Kultur“ selbst kritisch gegenüber und schätze unsere europäisch-christlichen Werte und Lebensweise sehr. Halloween als amerikanischen Importschlager abzutun ist aber zu kurz gegriffen und wird diesem Fest, dass auch unseren europäischen Oktober bereichert, nicht gerecht.
Die Wurzeln von Halloween liegen (sowie die Wurzeln von fast allem amerikanischen, dem man etwas abgewinnen kann) im guten alten Europa. Ja, richtig gehört. Ob du es mir glaubst oder nicht, Halloween ist kein reiner „Amimüll“ der nur über Kommerz den Weg zu uns gefunden hat. Da du an dieser Stelle wahrscheinlich schon die Augen verdrehst helfe ich deinen Geschichtskenntnissen mal auf die Sprünge. Halloween selbst entstand in Irland und hat einen christlichen Ursprung. Oft wird sogar ein noch älterer, keltischer Ursprung vermutet. Die Kelten, die zwischen 800 und 25 v. Chr. Auf den britischen Inseln lebten, feierten Ende Oktober das Fest Samhaim. Man glaubte daran, dass zu dieser Zeit eine Verbindung zwischen der Welt der Toten und der Welt der Lebenden entstünde. Später vermischten sich unter römischer Herrschaft das römische Totenfest und Samhain. Interessant wird es aber insbesondere, wenn wir auf den Ursprung des Namens „Halloween“ eingehen, der einen christlichen Ursprung hat. Aus „All Hallows‘ Eve“ – dem Abend vor Allerheiligen – wurde mit der Zeit „Halloween“. Die irischen Auswanderer brachten den Brauch schließlich nach Amerika, wo er sich weiteretnwickelte. Während man in Irland Kerzen in ausgehölten Rüben vor die Tür stellte, wurden in Amerika geschnitzte Kürbisse kultiviert. Kürbisse waren schlichtweg leichter zu bekommen als Rüben. Dass die Tradition nach Süßigkeiten zu fragen aus Amerika stammt, liegt wohl auf der Hand. Nichtsdestotrotz ist das Von-Tür-zu-Tür-Gehen der Kinder eine bereichernde und kommunikative Tradition, die es doch wert ist, übernommen zu werden. Und jetzt mal im ernst: an einem Tag als Kind mehr Süßigkeiten zu essen als normalerweise (wenn die heutigen Chia-Samen-Work-Life-Balance-Übermütter das überhaupt zulassen sollten) hat noch kein Kind umgebracht.
In Deutschland tauchte die neue Tradition verstärkt in den 90ern auf und wurde insbesondere durch Film und Fernsehen nach Europa gebracht. Ich kann dir Recht geben, dass natürlich marktwirtschaftliche Interessen dahinterstanden. Auch Süßwaren- und Kostümhersteller förderten den Trend in Deutschland aus wirtschaftlichem Eigeninteresse. Aber was ist denn dagegen auch einzuwenden? Du wünschst dir doch auch eine fluktuierende Marktwirtschaft, oder nicht? Schließlich profitieren nicht nur die Hersteller. Angebot und Nachfrage – die Nachfrage nach den Süßigkeiten, Kostümen und Gruselfilmen ist nicht ohne Grund da. Übrigens schätze ich saisonale Tassen sehr und hole sie Jahr für Jahr wieder aus den hinteren Ecken meines Schrankes hervor.
In Europa haben wir neben Halloween kein Fest in der Herbstzeit. In Amerika wird mit Thanksgiving im Herbst das Fest des Jahres gefeiert. Es ist aber offenkundig verfrüht, sich bereits im Oktober auf unser Jahreshighlight Weihnachten einzustellen. Bevor man die Lichterketten rausholt, wäre es doch schön, auch die bunten Blätter, das kühlere Wetter und den Herbst zu feiern. Und wie ginge das besser als mit einem eigenen Fest?
Halloween ist in diesem Sinne nicht nur ein wunderbares Event für die Kleinen, sondern das einzige Event der ganzen Jahreszeit. Und bevor du mir jetzt mit dem Martinstag kommst: so sehr ich diesen Tag auch liebe und mit guten Kindheitserinnerungen, Martinsfeuer und Martinshörnchen verbinde: 1. spielt der Feiertag in vielen Teilen des Landes keine Rolle, 2. stellt er kein vergleichbares Event für Kinder dar und am allerwichtigsten 3. hat er nicht das Potential eine ganze Saison zu prägen, wie Ostern, Weihnachten oder eben auch Halloween. Auch das Potenzial von Karneval ist schnell erschöpft, immerhin kennen die meisten Norddeutschen den Brauch nur von der Bolognese am 11. 11. aus der Grundschule. Für Erwachsene muss Halloween außerdem nicht auf den Anlass zum Trinken, der es für manche wenige leider wirklich ist, reduziert werden. In erster Linie ist Halloween ein Fest für die Kinder. Aber auch Erwachsene nehmen den 31. Oktober gerne zum Anlass einen gemeinsamen Abend mit schaurig-schöner Halloweenatmosphäre zu verbringen und mit ihrem Kostüm noch mal das innere Kind auszuleben.
Du siehst Sven, Halloween hat auch in Europa eine Daseinsberechtigung verdient. Als Fest, das unabhängig von Konfession, Kultur und Alter gefeiert werden kann, hat es Potential den teils so grauen und dunklen Herbst aufzupeppen und festlicher zu gestalten. Warum sollten wir uns in Europa dieses Spektakel nehmen lassen, nur um uns auf „die konservativen Werte“ zu besinnen?
Das kann schnell in unbegründete Ablehnung alles Neuem ausufern. Wir sollten Kulturimporte kritisch betrachten und hinterfragen um uns anschließend zu überlegen, ob wir die Bräuche übernehmen möchten oder nicht. Eine kategorische Ablehnung ist schlichtweg kurzsichtig. Und bei Halloween sprechen die besseren Gründe schlichtweg für die Übernahme dieser Tradition. Lieber Sven, ich wünsche dir wirklich, dass du am 31. Oktober von deinem nationalhistorischen Ross absteigen kannst und dir den weiteren Feiertag nicht von deinem Antiamerikanismus nehmen lässt, sondern einen guten Gruselfilm bei Kürbissuppe und Süßigkeiten schaust.
Punkt geht an den jungen Mann.
Halloween ist, wie auch immer entstanden, heute nur noch ein alberner Grusel-Karneval.
Das braucht kein Mensch.