Corona-Demonstrationsverbot: Politische Ungleichbehandlung

Von Air Türkis | Die für das Wochenende angekündigten Demos in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen wurden von der Berliner Versammlungsbehörde verboten. In der Begründung hieß es, dass die Corona-Demo vom 1. August gezeigt hätte, dass „die Teilnehmenden sich bewusst über bestehende Hygieneregeln und entsprechende Auflagen hinweggesetzt haben“. Berlins Innensenator Andreas Geisel äußerte sich ebenfalls am Mittwoch dazu: „Wir müssen deshalb zwischen dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit und dem der Unversehrtheit des Lebens abwägen. Wir haben uns für das Leben entschieden.“ Als weitere Begründung gab er an, die Veranstalter der Demo im August hätten „ganz bewusst die Regeln gebrochen“.

Zwar war es im August zu Verstößen gegen die Hygieneregeln gekommen, allerdings wurde von Seiten der Veranstalter aufdiese Regeln hingewiesen und zu deren Einhaltung aufgefordert. Dass es für Veranstalter aber unmöglich ist, die Durchsetzung der Regeln zu garantieren, ist selbstredend. Wenn man auf dieser Grundlage eine Demo verbietet, käme das im Prinzip einem generellen Demonstrationsverbot gleich. Genau das hatte das Bundesverfassungsgericht aber gekippt und im Hinblick auf einen Fall in Hessen erklärt, dass die Kommunen in jedem Einzelfall prüfen müssten, ob die Versammlungen unter Auflagen stattfinden können oder nicht.

Ähnliche Fälle gab es in Berlin bereits zuvor, insbesondere die BlackLivesMatter-Demos im Mai und Juni. Dichtgedrängt standen die Demonstranten u.a. am Alexanderplatz, ohne dass die Polizei die Veranstaltungen beendete. Als dann im Juni weitere Demonstrationen aus dem gleichen Spektrum angekündigt waren (unter anderem die „unteilbar“-Demo) äußerte sich Berlins Innensenator noch ganz freundlich und bedacht. Er appellierte lediglich – nach dem er die Demonstration „ein wichtiges Anliegen“ nannte – an die Berliner, „Eigenverantwortung“ zu übernehmen und sich selbst und andere zu schützen. Und jetzt soll, bei einem anderen politischen Anliegen, die volle Staatsmacht zuschlagen?

Dass das Verbot auch insofern eine groteske Ungleichbehandlung darstellt, ist das eine, aber auch Geisel selbst konnte es sich nicht verkneifen im Weiteren auf die politischen Inhalte der Demo einzugehen und seine eigene politische Motivation hinter der Entscheidung zu entlarven. „Ich bin nicht bereit ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird.“ sagt er und wird damit von der offiziellen Pressemitteilung des Senats zum Verbot der Demonstrationen zitiert. Und dann folgt ein Satz, der genauso gut von einem totalitären Regime stammen könnte: „Ich erwarte eine klare Abgrenzung aller Demokratinnen und Demokraten gegenüber denjenigen, die unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit unser System verächtlich machen“.

 

Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist also ein Deckmantel? Wie soll man diesen Satz anders deuten, als dass auch unabhängig vom Infektionsgeschehen solche Corona-Demonstrationen verhindert werden sollen? Zumal Geisel – und hier wird es für jeden Berliner jetzt richtig witzig – im gleichen Absatz ein „konsequentes Vorgehen der Polizei“ ankündigte, falls das Verbot nicht beachtet werden sollte. Die gleiche Polizei die unter Rot-Rot-Grün unter Generalverdacht gestellt wurde, deren konsequentes Vorgehen gegen die Antifa in der Rigaer Straße, Drogenkriminalität im Görlitzer Park oder wachsende Clan-Kriminalität bewusst unterbunden wurde. Die Polizei, die systematisch von der Politik geschwächt wird, soll jetzt „konsequent“ vorgehen, ausgerechnet gegen eine der wenigen Demonstrationen in dieser Stadt, die vollständig friedlich verläuft?

Im Leben in der Hauptstadt ist Corona eigentlich längst vorbei. Es werden wieder große Partys in der Öffentlichkeit gefeiert, der übliche linke Demo-Rummel ist wieder voll zurück. Überall schaut der Staat weg. Aber ausgerechnet bei einer politischen Demonstration ist der Infektionsschutz so unabdingbar?

Dieser Artikel von Chefredakteur Air Türkis erschien zuerst auf Tichys Einblick.

3 Antworten

  1. Harald Mischnick sagt:

    Hallo Team, mein Vater ist Wolfgang Mischnick, der von 1945 bis zur Flucht 1948 Landesjugendreferent der LDP Sachsen war und dann später einer der bedeutenden FDP-Politiker wurde. 1990 war er Pate bei der Gründung der JuLiA in Dresden. Ihr habt heute, zwei im Hintergrund, die Reportage auf TE gestaltet. Chapeau! Mein Vater wäre stolz auf seine Urenkelgeneration! Weiter so, im Geiste meines Vaters und der Libertären, die euch prägen!

  2. Tim sagt:

    ….Als ob noch irgendjemand glaubt wir lebten in einer funktionierenden Demokratie….. wir dürfen Steuern zahlen, eine der Blockparteien wählen und die F*****e halten. Wenn nicht gibt es Ordnungsgelder etc. Die sind einfach n ur nicht mehr blöd genug jemand der Steuern zahlt nach Hohenschönhausen zu schicken!

  3. Max Media sagt:

    Ein Artikel den man Abschnitt für Abschnitt, Satz für Satz, Wort für Wort und Buchstabe für Buchstabe unterschreiben kann.
    Sehr, sehr gut. Danke, auch wenn ich ihren Artikel bereits bei TE gelesen hatte!