Charles der Dritte ist König – wer waren die beiden anderen Charles’s?

Von Jonas Kürsch | Mit dem Tod von Königin Elisabeth II. ist ihr Sohn Charles, der „ewige Thronfolger“, mit über siebzig Jahren zum britischen Monarchen ausgerufen wurden. Damit trägt der ehemalige Prince of Wales nun den offiziellen Titel „His Majesty King Charles III. of the United Kingdom and other Commonwealth realms“. Doch die Tatsache, dass er bereits der dritte britische Monarch mit dem Namen Charles ist, ließ auch in Deutschland das historische Interesse an seine beiden berühmt-berüchtigten Namensvettern wieder aufleben. Wer also waren die beiden „Karls“ vor dem jetzigen King Charles? Es folgt der Versuch einer kurzen Zusammenfassung:
Der Anfang einer neuen Dynastie
Nachdem die kinderlose Königin Elisabeth I. aus dem Hause Tudor im Jahr 1603 verstarb, wurde der ihr am nächsten stehende Blutsverwandte zum neuen König ausgerufen. Die Erblinie der Tudors war damit an ihrem Ende angelangt. Elisabeths nächster Verwandter fand sich in der Gestalt des schottischen Königs Jakob VI. wieder, dessen Mutter Maria Stuart auf Anordnung der Königin vor vielen Jahren im Rahmen eines dramatischen Machtkampfes enthauptet wurde.
Jakob VI. war damit nicht nur der erste englische König des Hauses Stuarts, sondern auch der erste Monarch überhaupt, der Schottland, Irland und England gleichzeitig regierte. Als strenggläubiger Protestant pflegte er ein angespanntes Verhältnis zum englischen Parlament, das schon im siebzehnten Jahrhundert großen Einfluss auf die politischen Geschehnisse im Land nahm: beispielsweise mussten vom Regenten benötigte Staatsgelder erst vom Parlament genehmigt werden, bevor sie für die Aufrüstung der Armee oder eine Vertiefung des Handels verwendet werden durften. Jakob VI. vertrat jedoch die Auffassung, dass ein gottgegebener Königstitel die absolute Kontrolle über einen Staat mit sich brachte, und lehnte es daher ab, die Ausgaben mit seinem Parlament abzusprechen. 1625 starb der König, doch seine Abneigung gegenüber der parlamentarischen Beteiligung lebte im Geiste seines Sohnes Karl I. weiter.
Karl I. und die englischen Bürgerkriege
Karl I. sah die eigene Königswürde ebenfalls im Lichte des sogenannten Gottesgnadentums, also der Annahme, dass die Legitimation eines monarchistischen Souveräns ganz allein auf dem Willen Gottes beruhe. Daher war das Weltbild des jungen Königs stark vom Gedanken einer absolutistischen Herrschaft geprägt, mit der er ohne Parlament und ohne die Einschränkungen anderer institutioneller Instanzen hätte regieren
wollte. König Karl nahm das Parlament nicht besonders ernst, er ließ sich hohe Geldsummen durch die Parlamentarier auszahlen um seine teuren Kriege zu finanzieren, erfüllte jedoch häufig die mit den Parlamentariern ausgehandelten Vereinbarungen nicht. Es ist historisch umstritten, doch viele Experten gehen davon aus, dass der König sogar eine neue Kirchenverfassung etablieren und dadurch England in ein absolutistisches Regime verwandeln wollte. Das Parlament hätte er vermutlich im Rahmen dieser Reformen dauerhaft abgeschafft.
Als sich eine Aneinanderreihung von Aufständen im irischen Königreich ereignete, war das Parlament bereit dem König Gelder zu deren Bekämpfung zur Verfügung zu stellen. Man sorgte sich jedoch davor, dass Karl die Armee im Rahmen dieses Einsatzes missbrauchen und das Parlament überfallen würde. Der königskritische Abgeordnete John Pym unternahm daher im Jahr 1641 den Versuch, dem König die Kontrolle über das Heer im Rahmen einer Protestnote zu entreißen. Der Monarch empfand diesen Vorschlag als Angriff auf seine Autorität und erlaubte sich einen unvergleichlichen Tabubruch: mit bewaffneten Truppen stürmte der König das Unterhaus, um den aufsässigen Abgeordneten Pym zu verhaften. Die Festnahme scheiterte kläglich, stattdessen löste sein Angriff auf das Parlament große Protestwellen in London aus, die zur Flucht des Königs und zum Ausbruch des ersten englischen Bürgerkriegs führte.
Die „Cavaliers“ um Karl I. konnten zu Beginn des Krieges zwar kleinere Erfolge erzielen, gegen die fortschrittliche Kriegsführung des puritanischen Heerführers Oliver Cromwell und seiner „Ironsides“ konnte der König sich dennoch nicht behaupten. Das Ende des ersten und der Beginn des zweiten Bürgerkrieges sind von nun an fließend. Der König versuchte mit dem englischen Parlament und der schottischen Armee zu verhandeln, sein Plan war es, beide Verhandlungspartner gegeneinander auszuspielen und so den eigenen Machterhalt zu sichern. Letztlich konnte er mit der schottischen Armee eine Einigung erreichen und so die ehemaligen Gegner auf seine Seite holen. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Puritaner um Cromwell und Pym noch davon aus, man könne mit dem König verhandeln und letztlich die englische Monarchie mit einer bürgerlichen Verfassung reformieren.
Als der König im Mai des Jahres 1648 die Engländer durch sein schottisches Heer angreifen ließ, erkannte Cromwell, dass der Monarch niemals von seiner Wunschvorstellung eines absolutistischen Königreichs abweichen würde. Schon im
August gelang es Cromwell mit seiner New Model Army die Truppen des Königs entscheidend zu schlagen. Obwohl das Parlament weiter mit Karl I. verhandeln wollte, empfand Cromwell das Überleben des Königs als zu hohes politisches Risiko. Er glaubte nicht mehr daran, dass sich die absolutistische Überzeugung von Karl ändern ließe.
Der König wurde unter Hausarrest gestellt und in einem provisorischen Gerichtsverfahren in der Westminster Hall wegen Hochverrats gegen die eigene Bevölkerung angeklagt. Das Gericht befand den uneinsichtigen Monarchen (dieser hatte selbst auf der Anklagebank die Autorität der Justiz verleugnet und die Gerichtsverhandlung als illegitim bezeichnet) für schuldig und verurteilte ihn zum Tode durch die Axt.
Am 30. Januar 1649 wurde Karl I. als erster und einziger König in der britischen Geschichte durch das eigene Volk hingerichtet. Selbst in seiner letzten Rede auf dem Schafott verteidigte er das eigene Verhalten und erklärte, seine Regentschaft sei gottgewollt gewesen, weshalb er auch nie eine Straftat vor Gott selbst begangen habe. Aus rechtlicher Sicht ist man sich auch heute noch uneins, ob die Verhandlung mit der damaligen Verfassung im Einklang war.
Karl II. und ein Leben für die Lust
Der englische Thronnachfolger Karl II. und Sohn des hingerichteten Monarchen ergriff die Flucht aus seinem Königreich und lebte während der republikanischen Periode Englands im Exil. Unter „Lordprotektor“ Oliver Cromwell wurde die Monarchie zwar abgeschafft, freiheitlicher wurde der umbenannte Staat allerdings keineswegs. Im Gegenteil, unter seiner Herrschaft entwickelte sich das Land immer mehr zu einer christlich fundamentalistischen Militärdiktatur. Als strenggläubiger Puritaner zwang Cromwell seine Untertanten zum radikalen Verzicht auf alles, was in irgendeiner Art und Weise Freude bereitete und demnach sündhaft sein musste: Ballspiele, Make-Up, bunte Kleidung, Alkohol, Musik, Tanz und sogar das Weihnachtsfest waren unter seiner harten Führung verboten. Würde man gegen die Gesetze verstoßen, drohten Folter und schlimmeres. Er selbst soll sich jedoch an kaum eines seiner Gesetze gehalten haben. Vor allem ist Cromwell auch heute noch für die brutalen, von ihm verübten Massaker an der irischen Bevölkerung bekannt, die sich gegen seine Gewaltherrschaft auflehnten. Immerhin: die ihm vom Parlament angebotene Königswürde hatte er abgelehnt, die Monarchie wollte er also nicht wiedereinführen.
Im Jahr 1658 verstarb der Lordprotektor dann überraschend an den Folgen einer unentdeckten Malariainfektion. Sein unerfahrener und willenloser Sohn Richard wurde kurzzeitig zum neuen Herrscher der Republik, dankte allerdings auf Forderung des Parlaments schon nach wenigen Monaten wieder ab. Das „Commonwealth of England“ galt als gescheitert und daher bemühten die Parlamentarier sich um eine vollständige Restauration des alten Königreichs. Karl II. durfte nun nach London zurückkehren und bestieg im Jahr 1660 den englischen Thron im Rahmen der staatlichen Wiederherstellung. Als Monarch heiratete er kurzerhand die katholische Prinzessin Katharina von Braganza aus Portugal, durch die er letztlich dazu gezwungen wurde, die Religionsfreiheit sowie die wirtschaftliche Selbstverantwortung des einzelnen Bürgers gesetzlich in seinen Königreichen zu verankern. Karl II. ist der Nachwelt aber vor allem wegen seines Images als epikureischer Lebemann in Erinnerung geblieben. Den Großteil seiner Lebenszeit verbrachte der König mit unzähligen Mätressen, edlem Wein und teuren Kunstwerken.
Das wohl wichtigste historische Ereignis zu seiner Regierungszeit war der große Brand von London im Jahre 1666, bei dem weite Teile der Stadt zerstört wurden. Die Beziehung zum Parlament hatte sich unter seiner Regentschaft nicht wirklich verbessert, denn auch er hat das Parlament zwischen 1679 und 1681 mehrere Male aufgelöst, um die sogenannte Exclusion Bill der Parlamentarier zu verhindern. Damit wollte man die Thronbesteigung des katholischen Bruders Jakob verhindern, der aufgrund des Mangels an (legitimen) Königskindern in der Erblinie an nächster Stelle stand. Vor allem sorgte man sich, bei der Thronbesteigung eines Katholiken um die mögliche Vollstreckung neuer Volksmassaker, wie es sie bereits unter Königin Maria I. Aus dem Hause Tudor vor etwas mehr als einem Jahrhundert gegeben hatte. Die hitzige Stimmung mündete im Jahr 1683 sogar zur Planung eines (weiteren) Mordkomplotts gegen den König, welcher letztlich fehlschlug. Nur zwei Jahre später starb Karl II. dann eines natürlichen Todes.
Der erste „Charles“ in mehr als 300 Jahren!
Der historische Name des neuen Königs verbirgt viel mehr, als häufig angenommen wird. Er beinhaltet die volle Bandbreite der englischen Geschichte und kann mit einer langen Reihe von geschichtlichen Anekdoten assoziiert werden. Nach dem Tod des zweiten König Charles dauerte es mehr als 300 Jahre bis ein weiterer britischer Monarch diesen Namen tragen würde. Man kann daher mit großer Spannung das zukünftige Wirken des dritten König Charles beobachten!
God save the King!
Ich setze nicht viel Hoffnung in the artist formely known as prince… Sorry.
Interessanter Artikel trotzdem!