Buchrezension „Kapitalismus ist nicht das Problem sondern die Lösung“ von Dr. Dr. Zitelmann
Von AIR TUERKIS | Das neue Werk von Dr. Dr. Zitelmann kursiert aktuell überall in liberalen Medien, und auch hier bei Apollo soll ein Kommentar zu diesem Buch nicht fehlen.
Das Hardcover macht durch seine populäre Aufmachung in goldener Schrift einen – für liberale Literatur – relativ ungewöhnlichen Eindruck und verrät sofort sein Ziel: Es will eine breite Masse ansprechen und kein neues akademisches Standardwerk im Suhrkamp-Stil sein.
Der Immobilienunternehmer (der zweifellos selbst die Effektivität des freien Marktes ausgekostet hat) schildert dem Leser in 11 Kapiteln in prägnanter Weise die Richtigkeit des Kapitalismus. Dabei sind abstrakte Gedankenkonstrukte eher selten: Das Buch ist auf die Geschichte der Marktwirtschaft ausgelegt und hat den Anspruch, am großen „Experimentierfeld der Geschichte“ die These, dass weniger Staat immer zu mehr Wohlstand führt, empirisch zu belegen.
Ich habe ehrlich gesagt auf so ein Buch gewartet, denn die eigenen Argumente stets nur theoretisch zu formulieren, ist relativ unergiebig. Kommunisten denken freilich auch, sie hätten den besseren ökonomischen Ansatz. Sie lesen statt Hayek, Mises oder Baader eben Marx, Engels und Adorno sind aber – ebenso wie wir – der Auffassung, die eigenen Thesen wären zweifellos richtig und absolut logisch.
Wo der Liberalismus seine Überlegenheit zeigen kann, ist seit jeher die unschönbare, harte und kalte Wahrheit der Realität – frei von Utopie und ohne die Chance, sich hinter Abstraktionen zu verbarrikadieren. Und diese Realität wird uns im Buch von einem promovierten Historiker detailliert an sieben geschichtlichen Fallbeispielen von China bis Chile aufgezeigt. Durch kleine Geschichten und Zitate, die uns Einblicke in die Lebenswirklichkeiten der betroffenen Menschen verschaffen, liest sich dieses Buch fast wie ein Roman.
So wurde beispielsweise im maoistischen China das Volk dazu aufgerufen, alle Spatzen zu vertreiben, um die Zerstörung von Getreide zu verhindern, worauf die Insekten ihre natürlichen Feinde verloren. Diese Insekten wiederum zerstörten die Ernte in noch viel höherem Maße, und schließlich mussten 200.000 Spatzen aus der Sowjetunion importiert werden.
Untermauert werden alle Thesen durch Fakten und Zahlen. Wir erfahren vom Leid der Menschen in China während des großen „Sprungs nach vorn“, wie der Kapitalismus Teile Afrikas aufbaut, und wie sich die Marktwirtschaft im direkten Vergleich in BRD/DDR oder Süd- und Nordkorea als überlegen erwies. Wir können viel über die kapitalistische Wende in Chile und den Niedergang des sozialistischen Venezuelas lesen. Aber wir erfahren auch, wie westliche sozialistische Versuche wie im früheren Schweden und England scheiterten, und wie die marktwirtschaftlichen Reformen unter Margaret Thatcher und Ronald Reagan Erfolg hatten.
Zitelmann liefert eine Fülle wirtschaftlicher Statistiken und empirischer Befunde. So zum Beispiel erfahren wir, dass in der DDR 1989 gerade einmal 16% ein Telefon besaßen, während es im Westen über 99% waren.
Nach dem Zusammenklappen des Buches denkt man: Wie kann es überhaupt noch Sozialisten auf dieser Welt geben? Die Mischung aus Theorie und Praxis ist überzeugend und erfrischend unideologisch. Zitelmann lässt kaum einen Streitpunkt und kaum einen der angeblich geglückten sozialistischen Versuche aus. Er zeigt die grundsätzlichen Fehler in Planwirtschaften auf und illustriert diese mit Beispielen, die oft zum Staunen und bisweilen zum Schmunzeln anregen. So etwa, wenn die Bauern in der DDR begannen, ihre Tiere mit frischem (und stark subventioniertem) Brot zu füttern, weil das billiger war als herkömmliches Tierfutter.
Die Frage nach dem „perfekten System“ scheint ihn wenig zu interessieren. So bleibt er stets pragmatisch und wirkt wie jemand, der in der Realität lebt und diese zum Besseren verändern will. Schon in der Einleitung schreibt er: „In diesem Buch geht es nur um ein Thema: Welches System bringt einer Mehrheit von Menschen die größte Lebensqualität?“. Er hebt sich damit ab, von vielen ideologiedurchtränkten Werken dieser Zeit, in denen bisweilen auch die liberale Seite einiges an Bodenhaftung verliert. Das Buch ergänzt und untermauert mit seiner historischen Herangehensweise die Ideen der „alten Garde“ von Hayek, Mises und der Austrian School.
In meinen Augen ist „Kapitalismus ist nicht das Problem sondern die Lösung“ genau das richtige Buch für eine freiheitliche Bewegung in Deutschland, die bisweilen in Gefahr ist, sich in Theorien zu verrennen und den Drang nach vorne zu verlieren. Die sich in Fragen nach „der perfekten Utopie“ verheddert, statt anzugreifen und ihr logisch-gedankliches Potenzial auszunutzen. Dieses Buch ist jedem zu empfehlen, der ein bisschen etwas über den Wohlstand in der Welt erfahren möchte. Obendrein ist es ein perfektes Nachschlagewerk für Liberale in Diskussionen mit Egalitaristen, die in Berufung auf Castros Frage nach „den Erfolgen des Kapitalismus“ die Effektivität des freien Handels leugnen wollen. Es ist auch zu empfehlen für alle Diejenigen, die sich in ihrer Sache und ihren Ideen einfach nur bestätigen lassen wollen – es fühlt sich gut an.