Bösewicht USA – Was ich in der Schule über Amerika lernte
Von Boris Cherny | Als ein Schüler in Bayern hatte ich bisher das Glück einen größtenteils ideologiebefreiten Unterricht zu erfahren. Keine Lehrer, die versuchen ihren Schülern eine linke Meinung zu vermitteln, keine sogenannten Antirassismus-Seminare oder linke Lehrpläne. Dass es auch ganz anders aussehen kann, sieht man ja an Berliner Schulen. Doch in einem eher unscheinbaren Thema dringt die Ideologie sogar bis in ins bayrische Klassenzimmer vor.
Ob in Englisch oder Sozialkunde, die Vereinigten Staaten sind immer wieder Thema unseres Unterrichts. Dabei bekommt man allerdings oft das Gefühl, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten sei ein rückständiger und rassistischer Staat, in dem eigentlich alles schiefläuft. Als wir damals in der 8. Klasse erstmals im Unterricht über die Geschichte der USA lernten, hörten wir freilich, dass es so etwas wie eine amerikanische Revolution gab und die USA die erste moderne Demokratie war. Doch das wurde nur mal nebenbei erwähnt. Den größten Teil der Zeit beschäftigten wir uns stattdessen mit den negativen Seiten der amerikanischen Geschichte: Die Bekämpfung der amerikanischen Ureinwohner, Sklaverei und Jim-Crow Gesetze behandelten wir im Unterricht extensiv. Seitdem haben wir in fast jeder Klassenstufe das Thema „Rassismus in den USA“ durchgekaut. An sich ist es wichtig und richtig, dieses Thema anzusprechen, doch muss man wirklich jedes Jahr von neuem alles darüber lernen? Die amerikanische Geschichte und auch das heutige amerikanische Leben haben überwiegend positive Seiten, die im Unterricht viel zu kurz kommen.
Ob es der Unabhängigkeitskrieg ist, das Wirtschaftswunder der 20er Jahre, zwei Weltkriege, in denen die USA die Welt vor Tyrannei bewahrte, Interventionen in Jugoslawien in den 90ern, um einen Genozid zu verhindern, die Vereinigten Staaten haben eine lange erfolgreiche Geschichte vorzuweisen, in denen zwar negative Kapitel nicht unbeachtet bleiben sollten, aber dennoch nicht Hauptfokus sein können.
Interessant ist auch, dass die USA immer wieder in Studien über Rassismus und Toleranz sehr gut abschneiden, meistens deutlich besser als Deutschland (siehe beispielsweise World Values Survey von). Trotzdem entsteht im Englischunterricht der Eindruck, Amerika sei die wahrhaftige Hölle für Minderheiten. Auch in Sozialkunde sprechen wir manchmal über Amerika. Dort ist es meist ein Negativbeispiel für soziale Ungerechtigkeit und einen dysfunktionalen Sozialstaat. Dabei zeigen zahlreiche Statistiken, dass es den Menschen in den USA besser geht als uns hier in Deutschland, man schaue sich nur das Mittlere Einkommen (Median) an. Dort stehen die Vereinigten Staaten mit ungefähr 19.300 $ auf Platz 5 im weltweiten Ranking, während Deutschland mit etwa 16.800 $ nicht mal in die Top 10 kommt (Stand 2021, Gallup).
Wenn man sich mit der amerikanischen Politik auseinandersetzt, wird noch ein weiterer Aspekt des einseitigen Lehrplans bemerkbar. Zur Präsidentschaftswahl 2020 beschäftigten wir uns mit dem Parteiensystem Amerikas. Dabei ließ die Lehrerin als Fazit sinngemäß diesen Satz fallen: „Also man kann sagen, die Demokraten werden von weltoffenen Bürgern in der Stadt gewählt, während die Republikaner ihre Wählerklientel eher bei den altmodischen Menschen auf dem Land haben, die Angst vor Fortschritt haben“. So einfach wurden zwei riesige Parteien, mit äußerst diversen Meinungen und Wählern, in Schubladen gesteckt. Neulich beschäftigten wir uns im Englischunterricht mit Reden von amerikanischen Präsidenten. Die Lehrerin hatte mehrere Beispiele herausgesucht, die wir analysieren sollten, die Redner: Barack Obama, Bill Clinton und John F. Kennedy, also alles Demokraten. Es ist immer ganz einfach: Die Demokraten sind die Guten, die Republikaner sind die Bösen. Dieses Schubladendenken ist charakteristisch für den deutschen Mainstream. Immer wenn die Rede von ausländischen Wahlen (neuestes Beispiel Tschechien) ist, gibt es immer eine moderate und gute linke Seite, und eine böse rassistisch-rechte Seite, die mit Extremisten paktiert. Natürlich lässt sich so etwas auch im Diskurs über unsere eigene Politik beobachten, doch in diesem Ausmaß lässt sich nur das Ausland framen. Dabei ist es besonders schade, dass die USA in unseren Schulen so schlecht wegkommen. Immerhin sind es die Amerikaner (Briten und Franzosen natürlich auch), denen wir unsere Demokratie zu verdanken haben.
Ich kann das nur bestätigen. Als ich Schülerin in Berlin war wurden die USA zum Feinbild erklärt. Die Rückständigkeit immer wieder betont. Heute höre ich von Schülern, dass gegen Trump gehetzt wird und das obwohl Lehrer eigentlich verpflichtet sind ihre persönliche Meinung außen vor zu lassen.
Was ich in meiner Schulzeit aber auch erlebt habe, ist die Hetze gegen Israel. Diese war so gekonnt, dass immer zwischen Juden, den Opfern, und Israelis, den Täter, unterschieden wurde.