Berufspolitiker – notwendig oder schädlich? Das große Apollo-Battle
Lesen Sie hier: Adenauer-Anhänger Simon gegen Merkel-Meider Jonas. Brauchen wir Berufspolitiker oder bringen sie nichts als Ärger?

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Weder Politiker-Protegés noch Staatsmann-Stänkerer wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.
Berufspolitiker: Besser als ihr Ruf?
Von Simon Ben Schumann | Politiker, die ihr Amt hauptberuflich und auf Dauer ausüben, werden gerne dafür kritisiert. Zurecht? Oder ist Politik als Beruf vielleicht sogar wünschenswert?
Mein Gegner Jonas hat ja seine schlechten Erfahrungen in der FDP gemacht, was ihn vielleicht kritisch stimmt. Das kann ich nachvollziehen: Meine (sehr kurze) Zeit als „Gast“ in der Schüler Union der CDU habe ich in traumatischer Erinnerung. Obwohl das echt die unterste Stufe der Politik ist, gab es dauernd Machtkämpfe und Streit. Eine vergiftete Atmosphäre. So sollte es nicht sein. Besser wäre es doch, machtgierige Menschen gar nicht erst in einflussreiche Positionen zu bringen. Nun, das widerspricht der Daseinsberechtigung des „Politikerberufs“, oder?
Blödsinn! Gerade der Jonas müsste doch wissen, dass es auch Menschen gibt, die aus persönlicher Überzeugung in die Politik gehen. Sie wollen etwas zum Positiven verändern und das hauptberuflich. Ich denke da an Konrad Adenauer, Kurt Schumacher, Herbert Wehner oder Franz Josef Strauß – das waren Charaktertypen und trotzdem Berufspolitiker. Wo wären wir ohne solche Menschen? Nachdem Hitlers Regime 1945 gefallen ist, haben Überzeugungstäter unserem Land „den Arsch gerettet“. Viele Eltern des Grundgesetzes waren schon Jahrzehnte in der Politik und wurden von den Nazis verfolgt, z. B. unser erster Bundeskanzler. Im Parlamentarischen Rat schufen sie eine Verfassung, die uns bis heute ein freies Leben ermöglicht, wenn nicht gerade Karl Lauterbach am Drücker ist.
Leider – und da stimme ich Jonas zu – gibt es auch Berufspolitiker, für die Geld und Macht das Wichtigste sind. Ich denke da z. B. an Helmut Kohl, der 1998 unbedingt Kanzler bleiben wollte und sich einem würdevollen Abgang verweigerte. Kohl vernachlässigte seine Familie und Ehefrau um des Amtes willen und wurde trotzdem scheppernd abgewählt. Die Edathy-Affäre um den Kinderpornographie-Besitz von Sebastian Edathy aus der SPD spricht Bände von den Dimensionen der Bestechlichkeit, welche in der Welt der Berufspolitik möglich sind.
Trotzdem gibt es Leute, die mit Leidenschaft und Herz Politik machen. Und sei es als angeblich „überbezahlter“ Bürgermeister von irgendeinem Kaff. Außerdem kann man sich der Politik viel besser widmen, wenn 40 Stunden die Woche investiert werden. Mit einem Beruf nebenher sähe das ganz anders aus. Wer sich Politik zum Beruf macht, bringt eine gewisse Stabilität ins System. Also, Jonas: Nur weil einige Berufspolitiker es irgendwie in den Bundestag schaffen und dort als wandelnde Schlaftabletten hausen, sind nicht alle so drauf! Und irgendwer muss in diesem Irrenhaus namens Bundestag doch den Ton angeben.
Weg mit den Berufspolitikern, wir brauchen ein neues System!
Von Jonas Kürsch | Die „Politik“ als Beruf wird in Deutschland schon seit längerem heftig debattiert – und das aus gutem Grunde! Als „Berufspolitiker“ werden Menschen bezeichnet, die hauptberuflich ihr tägliches Brot als parlamentarischer Staatsdiener, Abgeordneter, bezahlter Parteifunktionär (z. B. Vorsitzender einer Partei) oder Regierungsbeamter verdienen. Für Leute wie den Simon scheint die Existenz von Berufspolitikern unvermeidlich zu sein, schließlich könne man ja nicht als Bundeskanzler nebenberuflich das ganze Land regieren und nationale Krisen mal soeben zwischen Tür und Angel neben dem Alltagsjob bekämpfen. Ich bin jedoch der Ansicht, dass Berufspolitiker unserem Land in vielerlei Hinsicht eher schaden, als dass sie seinem Wohle dienen. Die Schweiz zeigt uns, wie man es auch anders machen könnte.
Berufspolitiker erledigen häufig ihre Arbeit nicht
Besonders problematisch ist die Tatsache, dass im Grunde jeder Mensch zum Berufspolitiker werden kann, unabhängig von der eigenen Lebenserfahrung oder Qualifikation. So konnten bekannte Persönlichkeiten des politischen Betriebes wie Paul Ziemiak (CDU), Katrin Göring-Eckardt (B’90/Die Grünen) und Kevin Kühnert (SPD) ohne Ausbildung, (abgeschlossenes) Studium oder sonstige Leistungsnachweise des echten Arbeitslebens in ihren jeweiligen Parteien schnell an einflussreiche Posten gelangen. Illegal ist das gewiss nicht. Aus demokratischer Sicht ist es in gewisser Weise sogar nachvollziehbar, dass ein Bildungsabschluss keine grundsätzliche Voraussetzung für ein politisches Mandat sein darf – aber wollen wir wirklich, dass unsere hartverdienten Steuergelder von Menschen verprasst werden, die außerhalb der Berufspolitik oftmals noch keinen Finger krumm gemacht haben?
Zudem kennt jeder von uns unzählige Beispiele von professionellen Politikern, die trotz hoher Bezahlung ihren Pflichten nur unzureichend nachkommen. Es ist beispielsweise kein Geheimnis, dass im Europaparlament viele Mitglieder sitzen, die in Ausschusssitzungen, Plenardebatten und Abstimmungen häufig fehlen und trotzdem von ihren Diäten und Privilegien als Unionsangestellten Gebrauch machen. Ebenso problematisch sind hauptberufliche Abgeordnete, die offen und ohne jede Scham die Würde ihrer parlamentarischen Funktion mit ihrem eigenen Verhalten verletzen und dem Ansehen der Bundesinstitutionen somit großen Schaden zufügen – Beispielsweide im Falle der grünen Jungabgeordneten Emilia „Milla“ Fester, die mit ihren infantilen Videobeiträgen auf TikTok für Spott und Häme sorgte.
Auch reagieren Berufspolitiker, die persönlich (d.h. finanziell) von der eigenen politischen Zukunft abhängig sind, wesentlich anfälliger auf die Bestechungsversuche von Lobbyverbänden, wie auch die unzähligen Korruptions- und Lobbyismus-Skandale der vergangenen Jahre gezeigt haben (z.B. Cum-Ex, Masken-Deals im Bundestag, etc.). Dies zeigt sich vor allem auch daran, dass nur wenige Mandatsträger nach Ablauf der Amtszeit in ihre alten Berufe zurückkehren. Häufig sitzen einflussreiche Altabgeordnete und ehemalige Minister in den Kontrollgremien und Aufsichtsräten irgendwelcher Firmen, denen sie im Rahmen ihrer politischen Aktivitäten besonders wohl gesonnen waren.
Die Schweiz macht uns vor, wie es besser gehen könnte!
Das Argument, man könne das Aufkeimen unzähliger Berufspolitiker in einer Demokratie nicht vermeiden, wird in vielen Punkten mit dem politischen System der Schweiz widerlegt. Durch die vielen direktdemokratischen Elemente des Landes (z.B. die regelmäßig abgehaltenen Volksentscheide und die starke Autonomie der einzelnen Kantonen) besteht in vielen Bereichen der politischen Entscheidungsfindung gar keine Notwendigkeit für einen aufgeblähten Polit-Apparat, wie wir ihn in Deutschland vielerorts feststellen. Gerade das föderale Ordnungssystem der Schweizer sorgt für eine flächendeckende Verteilung der politischen Arbeiten, wodurch die einzelnen politischen Akteure (zumindest in einigen Bereichen) weniger stark belastet sind als bei uns.
Dies zeigt sich beispielsweise auch in der Aufteilung der Regierungsgeschäfte: anders als Deutschland hat die Schweiz nämlich kein festes Staatsoberhaupt. In der Eidgenossenschaft besteht die Exekutive vor allem aus dem Bundesrat, welcher selbst aus sieben gleichberechtigten und festen Mitgliedern besteht. Jedes dieser Mitglieder ist auf vier Jahre gewählt und besonders spannend ist, dass der Bundespräsident (Vorsitzender des Bundesrates) sowie sein Vizepräsident von den Bundesräten für lediglich ein Jahr gewählt werden. So besteht eine fließende und kontinuierliche Weitergabe der Macht, einen festen Regierungschef, wie es in Österreich oder Deutschland der Fall ist, gibt es in der Schweiz nicht. Stattdessen wird jedes Ratsmitglied einmal zum Vorsitzenden des Schweizer Bundesrates gewählt.
Das Konzept der Berufspolitik ist veraltet
Es kann durchaus sein, dass Berufspolitiker nach Kriegsende notwendig waren, um das völlig desolate Deutschland strukturell zu sanieren. So etwas kommt – das sehe ich durchaus ein – einem Vollzeitjob gleich. Inzwischen befinden wir uns aber in einer völlig anderen Situation und es würde unserem Land gut tun, über eine weitreichende Reform unseres repräsentativen Systems nachzudenken.