Berlin schaltet ab und macht auf Pjöngjang
Von Jerome Wnuk | Das Schuljahr ist vorbei, die Klausuren geschrieben. Es ist endlich wieder Zeit, um in den Urlaub zu fahren und Städte zu erkunden. Ein Scrollen auf Instagram reicht und man sieht seine Bekannten im Urlaub, der eine in Paris, die andere in Amerika. New Yorks strahlende Hochhäuser bei Nacht, die leuchtende Altstadt Prags oder der funkelnde Eiffelturm im Dunkeln von Paris. Die Sehenswürdigkeiten jeder Stadt beleuchtet bei Nacht sind längst berühmte Postkartenmotive und fast schöner und attraktiver als dieselben tagsüber.
Das Leuchten dieser Sehenswürdigkeiten, sei es in Paris der Eiffelturm oder in London der Big Ben, symbolisieren die Lebendigkeit dieser Metropolen auch bei Nacht. Sie zeigen, dass diese Städte niemals schlafen, dass auch noch nach Mitternacht das Leben pulsiert. Berlin hat genau dieses Image auch, die Stadt, die niemals schläft. Jeden Abend verbringen tausende, ja hunderttausende ihren Abend und die Nacht im Licht der Stadt. Doch das ist zu einem Teil jetzt vorbei.
Denn ab sofort werden die Berliner Sehenswürdigkeiten nachts nicht mehr im Licht glänzen, der Grund: Stromsparen. Und das gleich im ganz großen Stil.
Die Lichter am Dom, an der Marienkirche, am Lustgarten, Zeughaus, Alten Palais, am Reiterstandbild und an der Siegessäule gehen mit Einbruch der Dunkelheit nicht mehr an. Zuletzt kam das Rote Rathaus hinzu, wo nachts nur noch die Flaggenbeleuchtung an ist. Auch am Hauptbahnhof sollen Lichter ausgestellt werden. Selbst die Weihnachtsbeleuchtung wird jetzt diskutiert.
„Angesichts des Krieges gegen die Ukraine und der energiepolitischen Drohungen Russlands ist es wichtig, dass wir möglichst sorgsam mit unserer Energie umgehen.“, so die zuständige Senatorin von den Grünen Bettina Jarasch. „Deshalb werden wir die in unserer Verantwortung stehenden Gebäude Berlins nicht mehr anstrahlen. Das ist aus unserer Sicht in dieser Situation gut vertretbar, auch um einen sichtbaren Beitrag zu leisten“, heißt es weiter.
Ideologie statt Vernunft
Kaum ein Beschluss des Berliner Senats macht so sauer wie dieser. Nicht nur ist es ein Paradebeispiel für die Symbolpolitik des Senates, sondern es zerstört einen beachtlichen Teil des Flairs Berlins und das aus ideologischer Verblendung.
Lichter aus fürs Stromsparen, das ist die Idee. Für die Beleuchtung der zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die jetzt nachts ausgestellt werden soll, braucht es, so die BZ, rund 1400 Lichter. Die Stromkosten für diese Lichter belaufen sich jährlich auf ungefähr 42.000 Euro, die man jetzt zusammen mit dem Strom an Kosten einspart. Doch hier jetzt der erste Haken: Allein das Ausstellen, welches jetzt von einer Fachfirma übernommen wird, kostet das Land Berlin rund 40.000 Euro.
Geld wird also schonmal überhaupt nicht gespart, ganz zu schweige von den touristischen Einnahmen, die wegfallen könnten, wenn bestimmte Sehenswürdigkeiten nachts einfach gar nicht mehr zu erkennen sind. Finanziell lohnt sich das nicht, doch auch was das Stromsparen angeht, ist das Ersparnis sehr klein. Denn der Stromverbrauch der Beleuchtung im ganzen Jahr entspricht etwa 150 Haushalten. Klar, jedes Ersparnis ist generell erstmal begrüßenswert, aber gleich die ganze City dunkel machen?
„Wir haben ein Gasproblem, kein Stromproblem.“
Das sagte Robert Habeck vor einigen Wochen noch in der Debatte um die Laufzeitverlängerung von den übrigen Atomkraftwerken in Deutschland. Doch jetzt scheint man doch dieser These zuwiderzuhandeln und möglichst überall wo es geht Strom einzusparen.
Dunkel wie Nordkorea
Dafür soll also auch Berlin jetzt nicht mehr wie Paris oder New York funkeln, sondern sich an dem Nachtbild von Pjöngjang orientieren. Der Weltstadt Berlin ein großer Teil seines Flairs zu nehmen, nur weil man aus blinder Ideologie nicht bereit ist auf Atomstrom zu setzen.
Die Grünen entlarven sich auch hier: Für ihre Ideologie soll alles geopfert werden, nun auch das Stadtbild Berlins. Dass das allein aus wirtschaftlicher Perspektive schon keinen Sinn und Berlin ein klares Stück unattraktiver macht, ist ihnen dabei egal. Der Bürger soll Verzicht spüren. Das Beispiel Berlin ist nur eines von mehreren, die einem zu dem Schluss kommen lassen, dass die Grünen gar nicht daran interessiert sind, das Stromdefizit durch den Verzicht auf Atomstrom auszugleichen.
Doch hier sind nicht nur die Grünen an dieser Finsternisaktion beteiligt. Auch die Berliner FDP, vor allem in Persona von Sebastian Czaja fordert lautstark das Abschalten sogenannter „ästhetischer Beleuchtungen“. Eine Partei, die sich das Wort Freiheit auf die Fahne schreibt und sich für ein modernes, digitalisiertes Deutschland einsetzen will, in diesem Fall sich aber für ein Stadtbild wie in Nordkorea starkmacht, kann man nur als heuchlerisch beschreiben.
Es mag vielleicht schon etwas durchscheinen: Ich bin Lokalpatriot, obwohl, wie es Peter Fox genial beschreibt, Berlin manchmal so schön schrecklich sein kann. Und mich macht es sauer, dass so ganz nebenbei mal einfach ein beachtlicher Teil Berlins durch das Ausschalten der Lichter kaputt gemacht wird. Man müsste sich mal vorstellen, in Paris würde einer vorschlagen, den Eiffelturm doch mal nachts auszuknipsen, statt stündlich Lichtshows zu veranstalten.
Was ich damit sagen will ist: Berlin lebt von seinem Nachtleben und dazu gehört nicht nur die einzigartige Clubszene, sondern eben auch wie in Paris und Manhattan die Bauwerke. Denn obwohl es manchmal verklärt wird, hat Berlin architektonisch echt was zu bieten: der Dom, die Siegessäule etc. Das jetzt alles zu opfern aus ideologischen Gründen ist für mich inakzeptabel.
Ich mag den Anblick der Siegessäule am Abend, schlendere gerne abends Unter den Linden lang. Dazu muss man nicht mal Tourist sein. Das Ausknipsen macht davon viel kaputt, die Siegessäule sieht im Dunklem ohne Licht trostlos aus, der Dom nicht so imposant wie sonst, auch Unter den Linden ist nicht mehr viel mehr als eine normale Hauptstraße. Bald soll auch das Brandenburger Tor nur noch mit Notlicht angestrahlt werden, wer will da denn dann noch Zeit am Abend verbringen? „Es ist schon merkwürdig. Wir wollten natürlich Fotos machen“, sagte ein Tourist aus Baden-Württemberg zu der Nicht-Beleuchtung des „Alten Fritz“.
Noch vor Kurzem erstrahlte dieser in wunderschönem Licht und galt als Hotspot Unter den Linden. Am Ende soll den Finsternis-Befürwortern nur eins gesagt sein: Ihr schneidet euch selber ins Fleisch. Denn wie es Hildegard Knef in ihrem Lied über Berlin treffend besang: „Wer dich nicht kennt, lieber Ku’damm bei der Nacht. Der weiß noch nicht, was das Leben schöner macht.“
Also falls Sie es noch nicht getan haben, schauen Sie sich den Ku´damm bei Nacht an, bevor auch das nicht mehr möglich ist. Noch scheint dort nämlich Licht.
Übrigens: Nicht nur der Berliner Senat will uns den Strom abstellen – einige Unternehmen sind beim Thema Stromsparen auf Kosten der Bürger bzw. ihrer Kunden ganz vorne mit dabei:



Strom aus IM Bundestag und den Ministerien, von außen gerne weiter anstrahlen.
Ich bin auf die Entwicklung der Kriminalitätsrate gespannt.