Baerbocks “feministische Außenpolitik”: Symbol- statt Realpolitik
Von Boris Cherny | Auf den ersten Blick erscheint das neue Konzept der “feministischen Außenpolitik”, angeführt durch Annalena Baerbock, als eine weitere identitätspolitische Maßnahme der Bundesregierung, die wenig mit der Realität zu tun hat. Begriffe wie unter anderem „feministischer Reflex“ klingen wie aus dem Wörterbuch eines Professors für Gender Studies. Doch was als ein ernstes Problem für die Zukunft der deutschen Außenpolitik beschworen wird, entpuppt sich rasch als Symbolpolitik par excellence ohne große Auswirkungen auf die Realität.
Es ist in gewisser Weise ein Lieblingsprojekt unserer Außenministerin. Bereits im Koalitionsvertrag wurde die Phrase der „feministischen Außenpolitik“ festgehalten. Damals noch oft belächelt und als Floskel abgetan, wurde die Wichtigkeit des Vorhabens durch die Außenministerin unermüdlich heraufbeschworen. Trotzdem wurde, bis vor kurzem, nie wirklich genau ausgeführt, wie dieses Konzept sich denn genau auf die Politik Deutschlands auswirken würde. Am 1. März, mehr als ein Jahr nach Amtsantritt der Ampelregierung, liefert Baerbock und ihr Ministerium. In einem 80-seitigen Leitlinienkatalog wird erkärt, was man unter “feministischer Außenpolitik” nun zu verstehen hat. Es gibt durchaus positive Seiten, überwiegend ist die “feministische Außenpolitik” jedoch nutzlos, teilweise sogar schädlich.
Positiv ist zu nennen, dass Projekte (von Geldern des Auswärtigen Amtes) inzwischen zunehmend an die Einhaltung der Menschen bzw. Frauenrechte gebunden werden sollen. Das ist gut, denn infolgedessen werden weniger deutsche Gelder in Projekte fließen, die Frauen diskriminieren. Allerdings ist zu beachten, dass praktisch gesehen bereits jetzt Projektgelder nicht gerade an misogyne Frauenhasser floss.
Das ist das größte Problem mit Baerbocks feministischer Außenpolitik. Sie ist wirkungslos. Schon seit Adenauer war die Außenpolitik westlich und demokratisch orientiert. Staaten, die Menschenrechte achteten, wurden stets als Partner angesehen. Und zu den Menschenrechten gehört nun mal auch die Gleichstellung zwischen Mann und Frau. Bundesrepublikanische Außenpolitik bestand immer schon mitunter daraus, Menschenrechte zu fördern. Die Außenministerin hat immer wieder betont, dass sich ihr Konzept von vorangegangenen Versprechungen, die Gleichstellung von Mann und Frau international zu fördern, darin unterscheidet, dass es mit einer nie dagewesenen Konsequenz durchgesetzt werden wird. Doch davon ist nur wenig zu spüren. Man erinnere sich daran, als Frauen im Iran für ihre Freiheit kämpften. Die Reaktion des Auswärtigen Amtes kam zögerlich und anfangs halbherzig. Erst spät wurden Sanktionen überhaupt in Betracht gezogen.
Wo Baerbocks Pläne aber reale Auswirkungen haben werden (aber nicht auf die gute Weise), sind die wirklich identitätspolitischen Aspekte des Konzepts. Frauen sollen im diplomatischen Dienst jetzt besonders gefördert werden. Nur knapp 30 % der Auslandsvertretungen werden von Frauen geleitet, was sich freilich schnellstmöglich ändern muss. Manche behaupten ja, dass Frauen es aus eigener Kraft schaffen würden, 50 % der Auslandsvertretungen zu leiten, doch die Außenministerin traut den Frauen das anscheinend nicht zu. Ein eigener Botschafterposten soll geschaffen werden und die Arbeitsweise im Ministerium so umgekrempelt werden, sodass ein „feministischer Reflex“ entsteht. Praktisch wird es aber aufgrund solcher Maßnahmen keiner Frau in der dritten Welt besser ergehen. Es wird immer noch genauso viel häusliche Gewalt gegen Frauen geben, genauso viel Diskriminierung. Unterdessen werden die deutschen Steuerzahler einen vollkommen nutzlosen Posten finanzieren müssen.
Vieles im Konzeptpapier sind auch reine Floskeln. Etwa wenn davon geredet wird, dass „Frauen und diverse gesellschaftliche Gruppen (…) wichtige Akteur*innen und Führungspersonen unserer Klima- und Energiediplomatie“ seien. Deutschland solle sich besonders dafür einsetzen, die Auswirkungen der Klimakrise für diese Gruppen abzumildern. Ob Männern weniger geholfen werden soll, sodass sie unter der vermeintlichen Klimakrise mehr leiden werden, wird in dem Papier nicht ausgeührt.
Faktisch ist jede Diskussion um Baerbocks neues außenpolitisches Konzept verfrüht. Die Auswirkungen werden erst langfristig zu spüren seien. Viele der Ziele dürften jedoch im Sande verlaufen. Doch besonders interessant wird zu sehen sein, ob kommende Außenminister (möglicherweise von CDU oder FDP) Baerbocks feministische Außenpolitik fortsetzen werden.
Ich fürchte, dieses sie überfordernde Essay wird allenfalls eine ‚360° Kehrtwende‘ bewirken – so, wie sie’s kürzlich von Putin verlangte …