AKK gewinnt CDU-Vorsitz: Wie Topf und Deckel

Hat die Wahl zur Vorsitzenden gewonnen: Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto: Claude Truong-Ngoc (Lizenz)
Von MAX ROLAND | Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich, mindestens zum Schrecken der gesamten Anglosphäre, auf dem CDU-Parteitag durchgesetzt. Die neue CDU-Vorsitzende hat damit Chancen, 2021 ins Kanzleramt einzuziehen.
Der Sieg von AKK ist auch der Sieg von Merkel. Denn die bisherige Generalsekretärin ist quasi die personifizierte Merkellinie, in allen Bereichen. Inhaltlich – und auch persönlich. Sie ist jetzt die nächste Mutti. Sie vermittelt durch ihr gesamtes Auftreten ein „alles gut, Kinderchen“-Gefühl, wie aus einer Landliebe-Werbung oder den Weihnachtswerbespots verschiedener Supermärkte.
Verloren haben derweil nicht nur Friedrich Merz und Jens Spahn: Verloren hat die Basis. Denn die heutige Wahl, die CDU-Intern ja durch die Führungsriege als „gelebte Demokratie“ gefeiert wurde, war eine Funktionärswahl. Gewählt wurde durch Delegierte, durch Funktionäre, die ihre Posten vielerorts dem Merkelismus zu verdanken haben. Warum also Merkelismus abwählen und mit Merz oder Spahn ein Wagnis eingehen? Ein Wahlkampf mit Friedrich Merz wäre schmutzig geworden, denn er hat ja den Fehler gemacht, in der Privatwirtschaft Erfolg zu haben, pfui. Wahrscheinlich hätte der gesamte SPD-Wahlkampf die Schmutzparolen von 2009 leicht verändert wieder aufgegriffen: „Finanzhaie würden CDU wählen“, „Dumpinglöhne wählen Friedrich Merz“. Unter diesem Gesichtspunkt kann man die taktische Entscheidung für Landliebe-AKK vielleicht sogar nachvollziehen.
Aber die gute Annegret bringt viele Vorteile mit. Die diplomatischen Beziehungen zu den USA können wir ganz abbrechen: Kein Amerikaner würde sich diesen Namen antun wollen, und sollte die CDU das Kanzleramt verteidigen, würde Kramp-Karrenbauer, diese Charismabombe, bei ihrem ersten Besuch in Washington von Donald Trump derart dominiert werden, dass es eine nationale Peinlichkeit wäre. Daher lieber die bisherige deutsche Außenpolitik konsequent weiterführen und direkt den Bruch mit den USA suchen. Wäre ja auch ehrlicher als das, was wir momentan machen, die Amerikaner immer wieder auf der Weltbühne hintergehen.
Aber auch innenpolitisch wäre AKK die perfekte Kanzlerin für unser Land: Und das meine ich sogar ganz unironisch. Denn Kramp-Karrenbauer vermittelt doch vor allem eines: Gefühle. Deutschland geht es gut, wir machen alles richtig, wir schaffen das, Mutti hat euch lieb. Das war Angela, das ist Annegret. Fortschritt? Veränderung? Nö. Das ist ungemütlich und ungewiss: Da hat der deutsche ja Angst vor. Genetisch veränderte Pflanzen können ja irgendwie gesundheitsschädlich sein, sagen die Grünen, also besser nicht. Freihandel kann ja zwei Produkte ins Regal bringen, die ich nicht mag, also besser nicht. Technischer Fortschritt könnte ja etwas verändern, also besser nicht. Mit „Keine Experimente“ hatte ja schon Konrad Adenauer Wahlkampf geführt: Damals ging es darum, erreichtes nicht auf Spiel zu setzen. Heute haben wir bald nichts mehr, was man aufs Spiel setzen könnte, und sollten neues wagen. Dagegen steht das Konzept Annegret Kramp-Karrenbauer.
Wir stehen am Anbruch einer neuen Epoche. Wie der Publizist Gabor Steingart heute schreibt, sinkt der deutsche Anteil am weltweiten Bruttosozialprodukt. Die letzte Epoche, die der Industrialisierung, wurde von Deutschen entscheidend mitgeprägt. Wenn wir das Zeitalter von Technik, künstlicher Intelligenz et cetera erfolgreich bestreiten und unsere Wirtschaft Zukunftsfest machen wollen, brachen wir ein Kanzleramt, von dem die Stärke ausgeht, diesen Wandel wohlwollend zu begleiten. Angela Merkel war das nicht. Im Gegenteil, sie hat es sogar versäumt, das, was Deutschland schon hat, vor der Schwächung zu bewahren, Stichwort Diesel. Und Annegret Kramp-Karrenbauer wird das auch nicht sein: Mit dem Landliebe-Gefühl gestaltet man nicht. Unser Land müsste fit für die Zukunft gemacht werden, aber das wird es nicht. Stattdessen haben wir lieber Angst vor dem Fortschritt. Die Umfrageergebnisse der Grünen spiegeln das wieder. Wäre Friedrich Merz einer gewesen, der diese Stärke ins Kanzleramt gebracht hätte? Ich weiß es nicht. Merz wird meiner Meinung nach immer etwas zu hoch eingeschätzt. Aber er hätte es eher geschafft als die Frau, die sich gegen ihn durchgesetzt hat. AKK steht für „weiter so“. Weiter so für der CDU, weiter so für Deutschland. Das ist vielleicht das, was die Funktionäre gut gebrauchen können, aber es schadet unserem Land ganz massiv. Gerade für junge Menschen ist dieses Ergebnis, welches ja eine Weichenstellung für die nächste Besetzung des Kanzleramts ist, eine Katastrophe. Die Entscheidungen, die gebraucht würden, um Deutschland für die Zukunft zu stärken, hätten eigentlich schon gestern getroffen werden müssen: AKK garantiert, dass sie es auch morgen nicht werden. Ihre Rede auf dem Parteitag hat diesem Bild widersprochen: Der Rest tut es nicht.
Die beiden großen Regierungsparteien werden also jetzt von Andrea Nahles und Annegret Kramp-Karrenbauer geführt. Manchmal denke ich, dass das genau das dynamische Duo ist, was ein Land, wo die Grünen bald stärkste Kraft werden könnten, verdient hat. Denke ich an Deutschland in der Nacht – mit Kramp-Karrenbauer an der Macht- bin ich um den Schlaf gebracht.
Erbärmliches Schauspiel. Jetzt muss die AFD nur aufpassen, dass sich kein Hebel finden lässt, sie weiter zu dämonisieren oder gar verbieten zu lassen.
Ich werde mich die nächsten Jahre in die Welt der Serien flüchten.
Bis dann.
Serientipp: It’s Always Sunny in Philadelphia
https://youtube.com/watch?v=L1EFKZs3Bvk
Ich sage nur: Horcrux!