9-Euro-Ticket – Welcher Irre hat sich das ausgedacht?

Von Moritz Klein | Sie wollen umweltbewusster sein und das Auto mal stehen lassen? Der Zug ist abgefahren! Wo noch vor einigen Wochen die Maskenpflicht und Abstandsregeln herrschten, drängeln sich heute mehrere 100 Leute in einen Waggon. Das reinste Chaos. Züge fallen aus oder müssen gestoppt werden, Menschen, die zur Arbeit müssen, kommen nicht in den Zug hinein und manch anderer entscheidet sich dann doch für’s Auto.
Gedacht war das Neun-Euro-Ticket als Entlastung für die stark gestiegenen Energiekosten und als Anreiz, das Auto stehen zu lassen. Blöd nur, dass das Ticket ausschließlich für den Nahverkehr gilt. Das heißt, wenn das Nahverkehr-System auf Grund der Überlastungen kollabiert und kein Zug (bzw. nur mit halber Besatzung, wie in der Berliner Morgenpost berichtet) fährt, dann ist man gerade zu gezwungen, mit dem Auto zu fahren. Und wer keins hat und auf die öffentlichen Nahverkehrsmittel angewiesen ist, der kann gucken, wo er bleibt. Höchstwahrscheinlich zuhause. Von Solidarität nicht ein Hauch einer Spur.
Da gerade Deutschland der Solidarität immer zu nacheifert, wundert es mich um so mehr. Von Solidarität wurde auch immer gesprochen, als es um die Corona-Abstandsregeln ging. Man solle den Kontakt zu anderen meiden und Abstand halten, da das ja sonst, laut Politik und öffentlich Rechtlichen, das Todesurteil für die eigene Oma sein hätte können. Doch wenn es eine Fahrkarte für neun Euro gibt, kann man auch mal seine Prinzipien über Bord werfen. Des Weiteren steht in den Deutsche-Bahn-Hygieneregeln, man solle auf ein Händeschütteln verzichten. Wenn ich ehrlich bin, schüttle ich lieber den 100 Leuten die Hand, anstatt mich mit ihnen auf engstem Raum durch die Gegend fahren zu lassen!

Unser Autor hat sich das Chaos in den Bahnen selbst angeguckt.
Über sieben Millionen Tickets wurden seit Verkaufsstart verkauft. Ein Großteil davon fährt nun mit dem Nahverkehr durch ganz Deutschland und schaut sich Sehenswürdigkeiten an. An sich eine schöne Sache, völlig alltäglich. Auf der anderen Seite jedoch treffen sich Punks und andere, nicht in die Gesellschaft integrierbare, zu großen Scharen, um den „bösen Reichen“ eins auswischen zu können. Dabei sagte ein Punk in einem Straßeninterview: „Wir sind hier um Remmidemmi zu machen“, seine Freundin, ebenfalls ein Punk, korrigierte und meinte: „Ne, eigentlich wollen wir nur saufen…“.
Das Verschleiern des eigentlichen Motivs hat leider nicht funktioniert. Schade. Nach dem Pfingstwochenende, sah Sylt aus wie das Wohnzimmer einer Wohnung in der Berliner Liebigstraße 34. Wo man auch hinguckt – auf den Bahnhöfen, in den Zügen oder auf Sylts schönsten Promenaden – überall schaut man in dasselbe von Frustration und Fassungslosigkeit geprägte Gesicht. Eine Ruhigstellung des Volkes, welches unter den Spritpreisen und der Inflation leidet. Den Menschen, die sich nun in die Schlangen der Tafel einreihen müssen, ist mit einem Ticket, welches nur im Nahverkehr gilt, wenig geholfen.
Nicht nur die Umsetzung, sondern auch die Zeit sind einfach undurchdacht. Aufgebrachte Fahrgäste streiten sich auf Bahnhöfen und in Zügen, Menschen, die normalerweise mit dem Nahverkehr unterwegs zur Arbeit oder Uni sind, kommen nicht in Züge rein oder müssen sich zu fünft einen Sitzplatz mit Punks teilen. Bürger, die sich dazu entschlossen haben, das Auto mal stehen zu lassen, werden überzeugt, dass diese Entscheidung eine Schnapsidee war. Zum Glück müssen wir das nur für drei Monate aushalten. Dann fährt jeder wieder schwarz oder mit dem Auto.
Es ist wirklich Wahnsinn, die Grünen wollen langsam aber sicher einfach jeglichen Individualverkehr zerstören. Bisher gelingt es ihnen gut, aber irgendwann – hoffentlich! – werden die Leute doch endlich mal genug von diesen Drangsalierungen haben. Ich habe schon lange die Nase voll.