24. Türchen | Weihnachten im Wohlstand des Weniger
Von Leon Hendryk | Wer als guter Bürger dieses Landes artig den Prophezeiungen – pardon, den Prognosen – unserer Klimaweis*innen lauscht, der weiß: Deutschland lebt weit über seine Verhältnisse! Wir verbrauchen zu viele Ressourcen, gendern nicht oft genug und haben ganz generell noch viel zu viel Spaß im Leben. Das einzige, von dem die Deutschen noch nicht genug konsumieren, sind Sojawürstchen und Corona-Impfstoffe.
In der Weihnachtszeit ist dieses Problem umso dringlicher. Denn Weihnachten ist normalerweise eine Zeit des Überflusses, man möchte fast sagen der Verschwendung. Unverantwortlich in der heutigen Zeit, schließlich steht der Klima-Kollaps vor der Tür! Unser Konsumverhalten muss sich drastisch ändern. Das denkt auch Katrin Göring-Eckardt, eine der genialsten Denkerinnen dieses Landes und nebenbei Vizepräsidentin des Bundestages, die jüngst einen Begriff für diese Veränderung prägte. Laut Göring-Eckardt müsse Deutschland hin zu einem „Wohlstand des Weniger“. Der „Wohlstand des Weniger“ ist ein ziemlich einfaches Konzept. Analog zu Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ gibt es in Göring-Eckhardts Zukunftsvision nun weniger Wohlstand – für alle. Weihnachten wird also in den kommenden Jahren nicht im Zeichen des Überflusses, sondern im Zeichen des Verzichts stehen.
Die Transformation Deutschlands von der Überfluss- zur Verzichtgesellschaft hatGöring-Eckardts Partei, mit freundlicher Unterstützung ihrer christdemokratischen Nachahmer, glücklicherweise schon in Gang gesetzt. Steigende Preise bei gleichbleibenden Löhnen sind ein wunderbares Rezept um die Deutschen zu etwas mehr Sparsamkeit und Verzicht zu erziehen. Dieser Verzicht hat eigentlich nur Vorteile. Wer kein Auto mehr besitzt kann schließlich nicht im Stau stehen. Wobei dieses Beispiel nicht ganz aufgeht, schließlich kann man ja auch mit dem Bus im Stau stehen. Egal, zumindest steht man mit dem Bus umweltfreundlicher im Stau.
Doch um wieder zur Weihnachtszeit zurückzukommen: Im Internet finden sich schon jede Menge gute Tipps um klimafreundlich und kostengünstig Weihnachten zu feiern. So rät „Fridays for Future“ die Heizung um einen Grad herunterzudrehen, um CO2 zu sparen. In der Zeit des „Wohlstand des Weniger“ wird man diesen Ansatz noch etwas erweitern, und so ungeahnte Synergien realisieren. Wer beispielsweise die Heizung um ganze 10 Grad herunterdreht schont nicht nur das Klima. Auch die Gasrechnung wird so wieder erschwinglich. Und wer bibbernd in der Wohnung sitzt tut etwas gegen die berüchtigten Weihnachtsspeck, denn ein frierender Körper verbraucht deutlich mehr Energie als einer in der warmen Wohnung. So hat der vegane Weihnachtsbraten keine Chance als zusätzliche Pfunde auf den Rippen zu enden.
Auch zum Verwandtenbesuch per Bahn statt mit dem Auto wird von „Fridays forFuture“ geraten. Dieser Tipp ist besonders hilfreich für alle, die ihre Verwandtschaft ohnehin nicht besonders mögen. Denn bei einer durchschnittlichen Verspätungsquote von 60% der Deutschen Bahn ist die Chance groß, dass sich die ungeliebte Verwandtschaft verspätet und sich die verbleibende Zeit für ihren Besuch auf ein Minimum reduziert. Wenn sie denn überhaupt ankommen. Steigende Benzinpreise und Verkaufsverbote für Autos mit Verbrennungsmotoren werden im„Wohlstand des Weniger“ zur Norm. Und werden es der miesepetrigen Verwandtschaft unmöglich machen einfach in den Wagen zu steigen und doch noch pünktlich zum Weihnachtsbesuch vor der Tür zu stehen.
Der Kampf für weniger Wohlstand – Verzeihung, für den „Wohlstand des Weniger“ – ist also auch ein Kampf gegen die Feiertagspfunde, gegen die schlecht gelaunteVerwandtschaft und nicht zuletzt gegen den Klimawandel. Und da habe ich noch nicht einmal alle Vorteile aufgezählt. Man sieht: Das Leben im Wohlstand des Weniger ist bei weitem nicht so schlecht wie muffelige Rechte und Konservativebehaupten. Die sagen allen Ernstes, dass „Wohlstand des Weniger“ nur ein Euphemismus für Armut sei. Das ist natürlich vollkommener Quatsch, unsere Regierung würde es nie versuchen uns mit irreführenden Bezeichnungen hinters Licht zu führen.
Leider ist der „Wohlstand des Weniger“ in diesem Jahr noch nicht ganz erreicht, was es diesen Leuten ermöglicht maßlos über ihren Verhältnissen zu leben und Weihnachten in einer Weise zu feiern die so ganz und gar nicht klimafreundlich ist.So feiern sie in gutgeheizten Häusern, besuchen ihre Verwandtschaft mit dem Auto und ihr Weihnachtsessen ist weder vegetarisch noch vegan. Sie haben Spaß im Leben, beschenken einander reichlich und singen fröhlich Weihnachtslieder anstatt in der arktisch kalten Wohnung mit den Zähnen zu klappern. Und sie sind auch noch stolz auf ihr unverantwortliches Verhalten!
Nun ja, wie dem auch sei. Ich werde zusammen mit meinem Vorbild Katrin Göring-Eckardt weiterhin auf den „Wohlstand des Weniger“ warten. In der Zwischenzeit wünsche ich allen Lesern, selbst den oben genannten Klimatötern, fröhliche und besinnliche Weihnachten!