17. Türchen | Das erste Weihnachten ohne Coronawahn

Von Jonas Kürsch | Als ich dieses Jahr zum ersten Mal den Weihnachtsmarkt meiner Heimatstadt besuchte, war mir nicht ganz wohl zumute. Zwar genoss ich es sehr, nach fast anderthalb Jahren der staatlichen Drangsalierung durch 2G, 3G und Maskenpflicht, die Vorweihnachtszeit eines etwas weniger verrückten Deutschlands wieder erleben zu dürfen, doch ein unschöner Beigeschmack ist bis heute geblieben.
Ich denke nicht, dass ich übertreibe, wenn ich sage, dass die vergangene Weihnachtszeit den deprimierenden Abschluss von einem der schlimmsten Jahre in meinem Leben darstellte. Und ich glaube fest daran, dass das Jahr 2021 auch für viele andere Menschen als ein Annus horribilis in die Geschichte eingegangen ist. Gerade zum christlichen Fest der Barmherzigkeit und der menschlichen Versöhnung, war es für mich wirklich schwer zu ertragen, wie mit den Menschen in Deutschland und Europa umgegangen worden ist. Die bundesweit verhängten Zutrittsverbote für ungeimpfte Menschen, die nicht einmal in einem Restaurant essen gehen durften, markierten den bitteren Wendepunkt meinereinstmals optimistischen Wahrnehmung der deutschen Politik, die während dieser fundamentalen Staatskrise auf ganzer Linie versagt hat.
Dabei muss ich gestehen, dass es mir im Vergleich zu vielen anderen noch recht gut ergangen ist. Ich konnte, dank meines Studiums in Maastricht, den Großteil der Weihnachtszeit außerhalb des Landes verbringen und dem Coronawahnsinn zumindest ein wenig entfliehen. Der niederländische Ministerpräsident erklärte schon recht früh, dass eine Ausgrenzung nicht geimpfter Menschen keinesfalls zu akzeptieren sei und man im schlimmsten Fall auf die Fortführung des gängigen 3G-Modells setzen würde. Zugegeben, viel besser ist 3G nicht wirklich gewesen, aber in Anbetracht der damaligen Situation in Deutschland empfand ich es zumindest als weniger schädliche Alternative.
Mir war sehr wohl bewusst, dass viele deutsche Studenten und Schüler nicht das Glück hatten, den Großteil ihres Winters außerhalb der wirren Republik zu verbringen. Gerade auch die Debatte um 2G-Beschränkungen für Hochschulen verfolgte ich mit sehr großer Skepsis aus der Ferne. Hinzu kam meine zunehmende Enttäuschung mit der FDP, deren (mehr oder weniger) aktives Mitglied ich zu diesem Zeitpunkt noch gewesen bin. Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, das habe ich an anderer Stelle schon ausführlich getan, aber der Verrat der Freien Demokraten durch ihre Beteiligung an der Ampelkoalition war für mich – wie auch für viele andere getäuschte Wähler – ein glatter Schlag ins Gesicht.
Doch heute ist vieles anders: der Coronapass ist zu einer unschönen Erinnerung verblasst und die meisten Menschen trauen sich auch ohne FFP2-Maske wieder an die Glühwein- und Mandelstände. Mir ist bewusst geworden, dass es noch lange dauern wird, bis das alte Weihnachtsgefühl aus Prä-Covid-Zeiten zurückkommt. Und so unschön die Erinnerungen an den letzten Winter auch sein mögen, man kann all dem Schrecken vielleicht eine positive Sache abgewinnen: wir waren resilient und haben den Maßnahmenwahn überlebt, wenn auch mit tiefen Narben. Jetzt gilt es, die wiedergewonnen Freiheiten zu verteidigen und zu erweitern. In diesem Sinne ist das diesjährige Weihnachtsfest für mich vor allem eines: ein Fest der Hoffnung.