11. Türchen | Probier’s mal mit Gemütlichkeit

Von Elena Klagges | ,,Feliz Navidad/ Prospero ano y Felicidad’’, klingt es mir an vielen Straßenecken entgegen und sofort habe ich für den Rest des Tages einen Ohrwurm. Ich bin gerade zum Sprachkurs in Madrid und auch, wenn das Thermometer jeden zweiten Tag immer noch die 10 Grad Celsius knackt – wobei dies völlig normale Zustände sind und nicht einen Klimawandel beweisen -, sind die Spanier hier schon richtig im Weihnachtsfieber.
Die großen Calles der Hauptstadt funkeln ab 17 Uhr in jeglichen Neontönen der Farbpalette, in den Läden werden Weihnachtslieder gespielt und auf verschieden Plätzen trifft man sich auf den Mercadillos de Navidad, wo in den überwiegenden Fällen nur Kitsch verkauft wird, den man eigentlich gar nicht braucht und dann doch immer zumindest eine Kleinigkeit einsteckt. Außerdem könnte ich alle 200 Meter mein großes Glück versuchen, denn momentan ist die Zeit der besonderen Weihnachtslotterie El Gordo, die am 22. Dezember am Vormittag bekannt gegeben wird. Aber während der Wartezeit kann man sich die Tage mit dem köstlichen Turrón versüßen. Und auch, wenn Spanien nun nach der Niederlage im Achtelfinale gegen Marokko seit Mittwoch ebenfalls nicht mehr an der Fußball WM beteiligt ist, sitzt man gemütlich zusammen und stoßt mit einer Cerveza an.
Der Tagesrhythmus ist hier im Süden deutlich später als in Deutschland. Nicht nur geht die Sonne erst gegen 17:50 Uhr am Nachmittag unter, auch shoppen kann man nach der Siesta bis 22 Uhr und eine Reservierung zum Abendessen vor 21 Uhr verrät dich als Ausländer. Als Halbitalienerin sind mir die späten Zeiten nicht unbekannt, aber nachdem ich die letzten Monate nur in Deutschland war und für das Staatsexamen gelernt habe, ist es endlich wieder eine nette Abwechslung.
À propos Abwechslung, oder besser gesagt Unterschiede: Hier in Spanien wird am 6. Dezember nicht der Nikolaus gefeiert, den gibt es auf der Iberischen Halbinsel nämlich gar nicht, sondern der Tag der Verfassung. Und gestern, am 8. Dezember, dem Tag der Maria Empfängnis, war noch ein weiterer besonderer Feiertag, an dem ich nicht zur Sprachschule musste. Doch abgesehen davon, dass man hier grundsätzlich auch Sonntags immer einkaufen gehen kann, bleiben die Läden auch an den Feiertagen geöffnet. So müssen die Madrilener ihre Weihnachtseinkäufe nicht gestresst im Alltag zwischen der Arbeit und anderen Vorbereitungen auf das Fest erledigen oder sich am Samstag in die Stadt hetzen und zwischen den Massen sich ihre Einkäufe erkämpfen.
Sie machen sich ganz entspannt an den Feiertagen Gedanken über die Bescherung und womit sie ihren Liebsten am besten eine Freude machen können. Dafür kommen die Leute aus der Umgebung natürlich auch extra in das Zentrum gefahren, weshalb die Stadt trotzdem voll ist. Aber alle flanieren ganz entspannt auf der Gran Via auf und ab, sind gut gelaunt und nutzen den freien Tag, um Zeit mit Freunden und Familie zu genießen. Man hat hier zugegeben etwas länger Zeit, alle Geschenke zu finden. Denn nicht der Weihnachtsmann bringt den Kindern die Geschenke am 24. Dezember, sondern die heiligen Drei Könige erst am 6. Januar. Man könnte an dieser Stelle nun anfangen zu meckern, dass die Adventstage ja gar nicht angemessen gefeiert würden, wenn man seinen Erledigungen wie an allen anderen Tagen der Woche auch nachgeht. Dass die weihnachtlichen Feiertage – vergleichbar zu Halloween – völlig kapitalistisch der Konsumsucht zum Opfer fallen. Zumal all die Beleuchtung in den Straßen an Las Vegas erinnern und man vor dem Hintergrund der gegenwärtige Gas- und Energiekrise davon ausgehen könnte, dass man hier einsparen sollte.
Doch möchte ich dieser Kritik widersprechen. Denn erstens, auch wenn die geschlossenen Läden und die Sonntagsruhe uns in Deutschland indirekt zwingt, abzuschalten, besinnlich zu werden und dem Herren zu geloben. Die Weihnachtsmärkte sind auch nördlich der Pyrenäen gerade an den Adventssonntagen geöffnet. Und dass wir in den dunklen Monaten ein bisschen Licht in die frühe Dunkelheit bringen, ist auch keine Sünde. Im Gegenteil, auch gesundheitlich und mental tut uns ein bisschen Beleuchtung gut, da wir im Winter sowieso alle zu wenig die Vitamin-D Quelle Sonne sehen, die uns im Sommer stets die gute Laune beschert. Und zu guter Letzt bleibt einfach der Fakt, dass die Stimmung und Vorfreude auf Weihnachten hier im Süden locker und positiv ist, weil man sich die nächste gute Fiesta nicht nehmen und keine entgehen lässt.
Mein Tipp, auch wenn vor den Ferien wahrscheinlich noch sehr viel zu tun übrig bleibt: Verabredet euch zu ,,ungewöhnlichen’’ Zeiten, also zum Beispiel am späten Vormittag mit Freunden für die Weihnachtseinkäufe, da hat man die Stadt und die Läden noch fast für sich alleine. Und am Ende der Tour könnt ihr euch auch einen Glühwein gönnen. Dann ist man für den restlichen Tag vielleicht etwas kreativer bei der Arbeit; auf jeden Fall sieht man die Dinge von innen erwärmt etwas entspannter, was die Weihnachtsstimmung bei allen insgesamt anheben sollte.
P.S. Es sollte aber bei einem Gläschen bleiben, die Restlichen können dann abends nach getaner Arbeit folgen… Un saludo!